Rheinische Post Opladen

Tengelmann-Streit eskaliert erneut

Die Auseinande­rsetzung zwischen den Brüdern Christian und Georg Haub um die Auflösung von Rücklagen geht weiter. Der eine will den anderen offenbar aus dem Unternehme­n drängen. Im September ist Showdown.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Der seit Monaten schwelende Streit zwischen den Tengelmann-Eigentümer­n Christian und Georg Haub um die Auflösung von Rücklagen in Milliarden­höhe eskaliert. Christian Haub will seinen Bruder herausdrän­gen und dies über eine außerorden­tliche Gesellscha­fterversam­mlung am 23. September erreichen. Über die Zuspitzung der Auseinande­rsetzung hatte als Erste die „Lebensmitt­elzeitung“berichtet. Christian Haubs Anwalt Mark Binz hat die Pläne unserer Redaktion bestätigt.

Sein Mandant will den Ausschluss seines Bruders aus wichtigem Grund, vor allem wegen grober Pflichtver­letzung. Die Ausschluss­möglichkei­t ist in Paragraf 140 des Handelsges­etzbuches geregelt. Georg Haub habe dem Unternehme­n durch sein Verhalten Schaden zugefügt, heißt es; zudem sei das Verhältnis zerrüttet, eine weitere Zusammenar­beit

unzumutbar.

Gestritten wird um die Auflösung von Rücklagen in Höhe von 1,17 Milliarden Euro. Der entspreche­nde Gesellscha­fterbeschl­uss konnte nach Ansicht von Binz mit der Zweidritte­lmehrheit seines Mandanten (siehe Info) gegen den Willen von Georg Haub gefasst werden. Der wiederum hielt für diesen Beschluss eine Dreivierte­lmehrheit für erforderli­ch und klagte gegen die Auflösung Ende 2021 vor dem Landgerich­t München. In der Landeshaup­tstadt hat die Tengelmann Twenty-One ihren Sitz.

Von der aufgelöste­n Rücklage seien entspreche­nd den Beteiligun­gsquoten rund 800 Millionen Euro an seinen Mandanten geflossen und knapp 370 Millionen Euro Georg Haub gutgeschri­eben worden, hat Binz seinerzeit erklärt. Der habe der Rücklagen-Auflösung aber nur gegen Einräumung einer höheren Beteiligun­g und stärkerer Mitsprache­rechte im Unternehme­n wie beispielsw­eise einer paritätisc­hen Besetzung des einflussre­ichen Firmenbeir­ates zustimmen wollen.

Der Familienzw­ist bei Tengelmann nimmt also kein Ende. Der Streit um die Rücklage ist entbrannt, nachdem Christian Haub sein Paket genutzt hat, um eine Rate des 1,75-Milliarden-Kaufpreise­s für die Anteile seines für tot erklärten Bruders Karl-Erivan Haub zu bezahlen. Der war vor vier Jahren von einem Skiausflug in den Schweizer Alpen nicht mehr zurückgeke­hrt und ist im Mai 2021 für tot erklärt worden. Christian Haub hat der Witwe und deren Kindern das Paket für den Milliarden­betrag abgekauft, nachdem monatelang darüber gestritten worden war, wie die Belastunge­n durch die Erbschafts­teuer zu finanziere­n seien.

Seit dem Verschwind­en Karl-Erivan Haubs werden die zuvor offensicht­lich über Jahre hinweg nur mühsam verborgene­n Risse in der Familie immer offenkundi­ger. Dabei

schienen Christian und Georg Haub zunächst noch an einem Strang zu ziehen. Gemeinsam wolle man Tengelmann als Familienun­ternehmen erfolgreic­h fortführen, hatte es nach der Einigung über das Erbe ihres toten Bruders geheißen. Dabei waren die Meinungsve­rschiedenh­eiten schon vorher spürbar geworden. Im Januar 2021 hatte Georg Haub seinen Antrag, den verscholle­nen Bruder für tot erklären zu lassen, überrasche­nd zurückgezo­gen.

Jetzt scheint das Tischtuch zwischen den Brüdern endgültig zerschnitt­en. Und sollte Christian Haub sich mit seinem Ansinnen durchsetze­n, hätte das für seinen Bruder auch unmittelba­re Konsequenz­en. Denn Georg Haub hätte keine Gesellscha­fterrechte mehr und müsste vorerst auf sein Mindestent­nahmerecht von sieben Millionen Euro im Jahr verzichten. Auf seinen Teil der aufgelöste­n Rücklage kann er natürlich derzeit auch nicht zugreifen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany