Grüne beraten über Klima- und Energiepolitik
Die Mitglieder des Bundesvorstandes trafen sich am Montag zur Klausur in Hannover. Dabei ging es auch um die Stimmung innerhalb der Koalition.
HANNOVER/BERLIN Wie geht es im Herbst weiter, wie schwierig wird die Lage in Deutschland? Fragen wie dieser widmeten sich am Montag die Mitglieder des Grünen-Bundesvorstands bei ihrer Klausurtagung in Hannover.
Erstes Thema ist aber etwas anderes: das Klima. Am frühen Morgen erzählt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), wie es weitergehen soll, wenn die Sommer weiter so trocken bleiben wie derzeit. Die Grundwasserspiegel seien bundesweit vielerorts gesunken. Doch wenn Wasser ausreichend vorhanden sei, müsse es länger in der Landwirtschaft gehalten werden, um die Bildung von Grundwasser zu fördern, heißt es später in einem Beschluss. Flüsse sollten nicht mehr ausgebaggert werden dürfen, Flächenverbrauch und Versiegelung sollten eingeschränkt werden.
So heiß wie dieser Sommer ist aktuell beinahe auch die gefühlte Temperatur innerhalb der Ampelkoalition. Mitten im Geschehen: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Lange galt er als Mister Sonnenschein, weil er Politik so erklären konnte, dass die Menschen es verstanden, weil er die Umfragen auf Grün stellte und seiner Partei sehr viel nachhaltige Energie auch bei den Wählerinnen und Wählern verschaffen konnte. Doch nun: Nichts als Ärger für Habeck. Die Gasumlage sorgt für Ärger, ein handwerkliches mit heißer Nadel gestricktes Gesetz, von dem nun auch Unternehmen profitieren, denen es gut geht, die die Umlage nicht brauchen. Dabei hätte hier Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner wissen können, dass er für Deutschland bei der EU keine Ausnahme von der Mehrwertsteuer auf eine solche
Umlage erreichen kann. Doch dafür steht jetzt Habeck in der Kritik.
Habeck war selbst länger als vier Jahre Parteichef der Grünen. Er kennt die Zwänge auch dieses Amtes. Omid Nouripour, der seit Januar gemeinsam mit Ricarda Lang die Bundespartei führt, hat jetzt angekündigt, dass Habeck das Gesetz nachbessern werde. Der amtierende Parteichef muss den ehemaligen kritisieren – kein Wunschkonzert. Damit nicht alles beim ehemaligen Grünen-Chef abgeladen wird, fordert Nouripour für seine Partei gleich noch eine Übergewinnsteuer und nennt längere Laufzeiten für Atomkraftwerke eine „Phantomdebatte“.
Die Habeck-Festspiele, auf die SPD und FDP mit Neid blickten, sind vorbei. Der Bundeswirtschaftsminister erlebt gerade seinen ganz persönlichen Stresstest. Er soll bis zur Kabinettsklausur an diesem Dienstag in Schloss Meseberg nördlich von Berlin einen nachgebesserten Gesetzentwurf auf den Tisch legen.
Aktuell liegen die Grünen in Umfragen erneut vor der SPD, die wiederum argwöhnisch darauf achtet, dass die Grünen nicht zu groß werden. Da kommt jeder Fehler des Koalitionspartners
recht. Die SPD ist jedenfalls auf dem Baum, die FDP keilt auch dazwischen. In Hannover bemerkt Grünen-Chef Nouripour süffisant: „Es ist uns allen bekannt, dass schlechte Gewohnheiten haften.“Der SPD seien zwölf Jahre große Koalition auch im Umgangston noch anzumerken. Die Tonlage der Koalitionspartner der vergangenen Tage dürfe jedenfalls nicht die Regel werden. Nouripour will die Stimmung in der Ampel aber nicht noch zusätzlich belasten: „Insgesamt kann ich sagen, dass wir miteinander gut arbeiten. Wir machen Wahlkampf, wenn es soweit ist. Wir wollen jetzt gut über diesen Winter kommen.“
„Es ist uns allen bekannt, dass schlechte Gewohnheiten haften“Omid Nouripour Grünen-Chef zum Ton innerhalb der Ampel