Uneinigkeit über Oder-Ausbau
Nach dem Fischsterben will Deutschland eine neue Strategie – Polen lehnt ab.
BAD SAAROW (dpa) Nach dem massenhaften Fischsterben in der Oder fordert Deutschland absolute Vorfahrt für die Wiederherstellung des Flusses. Polen hingegen pocht auf den Oder-Ausbau. Trotz dieser offenen Meinungsverschiedenheiten zog Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) am Montag „ein recht positives Fazit“eines deutschpolnischen Umweltrats am Montag im brandenburgischen Bad Saarow. Insbesondere bei der noch laufenden Suche nach der Ursache des Fischund Muschelsterbens arbeite man eng und mit Hochdruck zusammen.
Dazu soll eine deutsch-polnische Gruppe von Expertinnen und Experten bis 30. September Ergebnisse ihrer Untersuchungen vorstellen, kündigten Lemke und ihre polnische Kollegin Anna Moskwa an. „Hitze, niedrige Wasserstände und menschengemachte Einleitungen“– so fasste Lemke die Ursachen für das Fischsterben zusammen. Über die Art der chemischen Einleitungen machte sie noch keine Angaben
und verwies auf den erwarteten Expertenbericht. Die Kombination der Faktoren habe zu einer Algenblüte mit toxischen Wirkungen auf Fischfauna und Muscheln geführt.
Seit Anfang August war aus dem deutsch-polnischen Grenzfluss tonnenweise toter Fisch geborgen worden. Mehrere Hundert chemische
Substanzen könnten als Mitverursacher der Umweltkatastrophe infrage kommen, teilte Lemke mit. „Wo die Stoffe eingeleitet wurden, die zur Erhöhung des Salzgehaltes führten, ist gegenwärtig noch unklar.“Die Fische seien aber nicht zuerst auf deutscher Seite gestorben, die Ursache müsse weiter stromaufwärts erfolgen.
Moskwa teilte mit, beide Seiten seien darüber einig, dass der Artenbestand in der Oder erneuert werden solle. Sämtliche Arten, die in dem Grenzfluss beheimatet seien, sollten dorthin zurückkehren. Zugleich machte die polnische Ministerin aber deutlich, dass der seit Jahren geplante Oder-Ausbau, der verschiedene Maßnahmen umfassen soll, für sie nicht im Zusammenhang mit dem Fischsterben stehe. „Wir sehen auch keinen Grund, diese Maßnahmen abzubrechen“, sagte Moskwa. Lemke forderte hingegen ein Umdenken: „Nach meiner Ansicht liegt es auf der Hand, dass diese Umweltkatastrophe historischen Ausmaßes an der Oder ein Innehalten erfordert.“