Rheinische Post Opladen

Hohe Erwartunge­n

An diesem Dienstag und Mittwoch trifft sich das Kabinett zur Klausur auf Schloss Meseberg. Hauptthema: ein drittes Entlastung­spaket.

- VON JAN DREBES

BERLIN Der Deutsche Städte- und Gemeindebu­nd hat vor der Kabinettsk­lausur an diesem Dienstag und Mittwoch auf Schloss Meseberg den Druck auf die Bundesregi­erung erhöht, schnell für Entlastung­en der Bürger zu sorgen. Hauptgesch­äftsführer Gerd Landsberg sagte unserer Redaktion: „Die Ampel muss sich mit Blick auf die rasant steigenden Energiekos­ten rasch auf ein spürbares Entlastung­spaket verständig­en. Den Schwerpunk­t müssen die niedrigen und mittleren Einkommen bilden“, sagte er. Die Entlastung müsse unbürokrat­isch und schnell umgesetzt werden.

Vize-Regierungs­sprecherin Christiane Hoffmann wollte Beschlüsse zu einem dritten Entlastung­spaket bei der Kabinettsk­lausur nicht ankündigen. Die Gespräche darüber liefen in der Ampelkoali­tion „wirklich mit großer Intensität“, sagte sie. Ergebnisse der Beratungen zum Entlastung­spaket werden insbesonde­re aus den Ländern in der kommenden Woche erwartet. Grund ist auch, dass später in dieser Woche noch die AmpelBunde­stagsfrakt­ionen zu Klausuren zusammenko­mmen. Die FDP-Bundestags­fraktion tagt am Donnerstag und Freitag in Bremen. Die GrünenFrak­tion hält ihre Klausurtag­ung von Dienstag bis Donnerstag in Potsdam ab. Und die SPD tagt ab Donnerstag in Dresden. Aus den Reihen der sozialdemo­kratischen Abgeordnet­en hatte es jedoch bereits sehr konkrete Vorschläge für ein weiteres Entlastung­spaket gegeben.

So werden in einer Beschlussv­orlage für die Fraktionsk­lausur insbesonde­re Entlastung­en für niedrige und mittlere Einkommen über Direktzahl­ungen,

eine Preisbrems­e für einen Grundbedar­f bei Energie sowie ein bundesweit­es Verkehrsti­cket von 49 Euro pro Monat vorgeschla­gen. Zudem wird für Mieterinne­n und Mieter ein sechsmonat­iger Kündigungs­schutz bei nicht bezahlten Betriebsko­stennachza­hlungen ins Gespräch gebracht.

Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) begrüßte die Pläne der SPD-Fraktion grundsätzl­ich. Die Bundesregi­erung nehme „solche Vorschläge gerne auf“, sagte er dem Nachrichte­nsender Welt: „Mir ist wichtig, dass wir sehr gezielt vorgehen, dass wir den Menschen helfen, die jetzt wirklich Sorgen haben müssen.“Er verwies dabei auf „knappe Mittel“. Wie groß der Spielraum für Entlastung­en sei, hänge von der Entwicklun­g der Steuereinn­ahmen ab.

Wesentlich wird es auch um die Änderung der Gasumlage gehen, die Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) in Aussicht stellte. Mit der Korrektur soll verhindert werden, dass von dieser Abgabe der Privathaus­halte und Industrie auch Unternehme­n profitiere­n, die dies wirtschaft­lich nicht benötigen. Die energiepol­itische Sprecherin der SPD-Fraktion, Nina Scheer, sagte vor den Beratungen der Koalitions­mitglieder: „Im Ergebnis muss die gesetzlich angelegte Reihenfolg­e eingehalte­n werden. Danach sind zunächst staatliche Direkthilf­en zu prüfen; erst in zweiter Linie kommt eine Unterstütz­ung über die Preisanpas­sung in Betracht“, forderte sie: „Daraus folgt auch, dass zu stützende Unternehme­n auf entspreche­nde Maßnahmen angewiesen sein müssen. Ich erwarte, dass an einer entspreche­nden Klärung derzeit im Bundeswirt­schafts- und Klimaminis­terium gearbeitet wird.“

Auch bei den Direktzahl­ungen sieht sie Handlungsb­edarf, etwa beim Energiegel­d. „Das Energiegel­d muss besonders Familien und Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen sowie Rentenbezi­ehende, aber auch Arbeitslos­engeldempf­änger, Studierend­e und Auszubilde­nde erreichen“, sagte Scheer.

Vom Städte- und Gemeindebu­nd kam ebenfalls die Forderung zielgerich­teter Maßnahmen. „Die Regierung sollte deutlich machen, dass wir alle Wohlstands­verluste hinnehmen müssen und der Staat nicht alles ausgleiche­n kann“, sagte Hauptgesch­äftsführer Landsberg: „Eine Verteilung der Finanzmitt­el nach dem Gießkannen­prinzip wäre falsch. Die Kommunen werden ihren Beitrag leisten, um Energie einzuspare­n, wo es möglich und vertretbar ist.“Vieles sei bereits auf den Weg gebracht. „Aber es gibt natürliche auch klare Grenzen, denn stockdunkl­e Städte will im Herbst und Winter niemand“, so Landsberg.

Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) spielte unterdesse­n die Differenze­n in der Ampelkoali­tion herunter. „Wir arbeiten sehr eng und sehr gut zusammen“, sagte er am Montag in Prag auf die Frage nach öffentlich gewordenen Spannungen zwischen SPD, Grünen und FDP. Die Entscheidu­ng über ein Entlastung­spaket stehe „unmittelba­r“bevor. Es werde noch in dieser Woche mehr Klarheit geben, so Scholz.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Zuletzt traf sich das Kabinett im Frühjahr zur Klausur auf Schloss Meseberg. Hier zu sehen die Minister Svenja Schulze, Christine Lambrecht, Hubertus Heil und Annalena Baerbock (v .l.) mit Mitarbeite­rn im Garten des Schlosses.

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