Wo Negativzinsen weiter üblich sind
Mehr als 60 Institute bitten ihre Kunden laut Vergleichsportalen weiterhin für Verwahrentgelte zur Kasse.
FRANKFURT Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Einlagenzinsen für Banken abgeschafft. 0,5 Prozent Gebühren hatte sie bis vor einem Monat von den Banken verlangt, die bei ihr überschüssige Gelder über Nacht deponiert hatten. Die meisten Banken haben deshalb auch die sogenannten Verwahrentgelte abgeschafft, die sie auf Einlagen meist von einer bestimmten Höhe an erhoben hatten.
Einige aber haben das noch nicht getan, unter ihnen etwa die GLSBank, die sich selbst als „nachhaltig, sozial und ökologisch“bezeichnet. 0,5 Prozent müssen bei ihr noch Bestandskunden zahlen, die mehr als 50.000 Euro an Einlagen bei ihr halten. Für Neukunden gilt das sogar schon vom ersten Euro an. Das soll sich erst allmählich ändern, sagt eine Sprecherin der Bank: Von Oktober an werde man den Negativzins auf 0,25 Prozent senken und nur noch erheben auf Einlagen von 100.000 Euro, zum Jahresende schaffe dann auch die GLS-Bank dieses Entgelt ab.
Aus Sicht der Bank aus gutem Grund. Denn die steigenden Zinsen machen die Kredite für Schuldner teurer, für die Sparer sind sie eine Erleichterung, deshalb sollen sie vorübergehend etwas Solidarität zeigen. Damit sollen vor allem Kredite für Investitionen zum Klimaschutz nicht noch teurer werden.
Eine etwas ungewöhnliche Haltung für eine Bank. Denn das Institut aus dem Ruhrgebiet gehört damit zu den wenigen verbliebenen Häusern, die noch Verwahrentgelte erheben. Das Marktumfeld ist der wesentliche Grund, warum die Bochumer Bank zum Jahresende die Sparer mit hohen Einlagen nicht mehr belasten will. Bei den Sparkassen waren die laut Geschäftsbedingungen variabel, also an den Zins für die EZB-Einlagefazilität gekoppelt, heißt es beim Finanzportal Biallo. Sie haben sich deshalb inzwischen von selbst erledigt.
Das Vergleichsportal Verivox meldet auf seiner Internetseite aktuell noch insgesamt 63 Banken, die Negativzinsen verlangen. Nach dem Höchststand im Mai waren es 455, Ende Juli zum Zinsentscheid der EZB noch 421 – einige hatten schon vorab die Negativzinsen gestrichen. Allerdings sind hier noch vier Sparkassen aufgeführt, die die Zinsen nicht mehr erheben dürfen, außerdem viele kleine Volksbanken und Raiffeisenbanken, die womöglich schlichtweg ihre Webseite noch nicht aktualisiert haben – aber das ist reine Vermutung.
Eine der größeren Banken, die diese Praxis bisher aufrecht erhalten hat, ist die Degussa-Bank. Von September an will sie ihre Sparer jedoch nicht mehr mit dem Verwahrentgelt belasten. Die sich als nachhaltig bezeichnende Tomorrow Bank denkt offenbar auch über eine Änderung der Negativzinspolitik nach, das gilt bisher allerdings nur für Kunden, die nach dem 1. November 2021 ein Konto eröffnet hatten. Eine endgültige Entscheidung könnte nach der Ratssitzung der EZB am 8. September fallen.
Die Banken tun auch aus rechtlicher Sicht gut daran, wenn sie die Negativzinsen möglichst rasch abschaffen. Denn noch sind einige Fragen nicht geklärt. So haben die Landgerichte Düsseldorf, Berlin und Leipzig schon Urteile gefällt, nach denen die Negativzinsen unter bestimmten Umständen nicht zulässig sind, rechtskräftig sind diese Urteile jedoch noch nicht. Sollten sie aber von den höheren Gerichten bestätigt werden, müssten die Banken mit Rückzahlungsforderungen ihrer Kunden rechnen.
Allerdings hatte die EZB die Banken auch wieder über Freibeträge entlastet, sodass die von den Bankenverbänden lautstark beklagten Verluste nicht so hoch ausfielen wie zunächst gedacht. Sparer können sich zwar über das Ende der Negativzinsen freuen. Doch sollten sie ohnehin nicht zu viel Geld auf Zinskonten parken. Denn der Blick auf die Inflationsrate zeigt, dass es noch lange dauern wird, bis sie real tatsächlich wieder eine Rendite damit erzielen können.