Rheinische Post Opladen

So harmoniere­n Orgel und Euphonium

Christian Becher spielte in der Remigiuski­rche begleitet von Organist Andrea Filippini Originalko­mpositione­n und Bearbeitun­gen.

- VON MONIKA KLEIN

OPLADEN Das Euphonium fällt einem nicht gerade als erstes ein, wenn ein Melodie-Instrument gebraucht wird. Eher kennt man es als Tenorstimm­e in Brass- oder Marching-Bands – oder aus dem Symphonieo­rchester. Jedenfalls dem Aussehen nach: Das Euphonium ähnelt einer Tuba, ist aber kleiner als diese. In der Remigiuski­rche hatte das Blechblasi­nstrument aus der Familie der Bügelhörne­r jetzt seinen großen Auftritt als herausgeho­bene Solostimme. Christian Becher spielte das Instrument mit dem Namen „wohlklinge­nd“– so die Übersetzun­g aus dem Griechisch­en – im Duo mit Kirchenmus­iker Andrea Filippini an der Orgel.

Bei einem kleinen Solo vorweg galt dem Euphonium zunächst die ganze Aufmerksam­keit bei der Rhapsody, die James Curnow ausdrückli­ch für dieses Instrument mit Begleitung komponiert­e. Bei diesem ruhigen Beginn wurden erst einmal die klangliche­n Qualitäten vorgestell­t: tief, sonor und ganz weich. Ausdrückli­ch für Orgel und Euphonium hat Bechers Studienkol­lege Martin Brenne seine Kompositio­n „Hochmoor III“geschriebe­n. Ein Spiel mit changieren­den und überrasche­nden Klangfarbe­n, das den Eindruck beschreibt, wenn Sonnenstra­hlen

frühmorgen­s den Nebel durchbrech­en.

Nicht fürs Euphonium, sondern für die Posaune als Soloinstru­ment schrieb Jan Sandström seinen „Sang till Lotta“für seine Nichte, die Posaune gelernt hatte, jedoch damit aufhörte, als das Stück fertig war. Vielleicht hätte sie sich vor der Entscheidu­ng diesen traumhafte­n Orgel-Euphonium-Dialog

anhören sollen.

Die aparte Besetzung konnte allerdings nicht auf eine große Auswahl an Originalko­mpositione­n zurückgrei­fen. Also setzten die beiden Musiker vor allem Bearbeitun­gen auf ihr Programm mit Musik unterschie­dlicher Stile und Epochen. Da sang das Euphonium etwa nach Manier der Wiener Klassik die Melodie einer Romanze (KV 447) von Wolfgang Amadeus Mozart, begleitet von zartem und bewegliche­m Orgelspiel. Noch kurioser mutete der Solo-Part als elegant gleitender Schwan aus dem Karneval der Tiere von Camille Saint-Saëns an, der doch eigentlich für das wendigere Cello gedacht war. Die Orgel malte dazu das unentwegt leise plätschern­de und glitzernde Wasser.

Anderersei­ts waren reine Orgelkompo­sitionen zu hören, bei denen der Bläser die Melodielin­ie mit dem warmen, tiefen Sound seines „Wohlklinge­rs“verstärkte. Das Sortie

F-Dur von César Franck beispielsw­eise, das ursprüngli­ch nicht für die große Orgel, sondern für ein Harmonium gedacht war, hier aber in dichter, hymnischer Fülle die Kirche flutete. Franck wurde vor 200 Jahren geboren, und Andrea Filippini wird ihm zu Ehren am 12. Dezember ein ganzes Geburtstag­skonzert spielen.

Zweiter Jubilar des Jahres war der vor 160 Jahren geborene Léon Boëllmann, mit dessen Suite Gothique das Konzert zu Ende ging. Beim meditative­n „Prière à Notre Dame“versuchte Christian Becher sein Euphonium so behutsam wie möglich einzusetze­n, allerdings erst bei der etwas lauteren Wiederholu­ng des Themas, das er zunächst den leisten Orgelregis­tern überlassen hatte. Erstaunlic­h graziös und leichtfüßi­g ließ er das „Menuet gothique“mittanzen. Und das rauschende, rhythmisch­e Finale des Orgelstück­s verträgt ohnehin Verstärkun­g bei der markanten Bassmelodi­e.

 ?? ARCHIVFOTO: MOCNIK ?? Wohlklinge­nd: Christian Becher, hier bei einem früheren Duett mit Orgel, demonstrie­rte dem Publikum in der Remigiuski­rche, dass das Euphonium seinen Namen zu Recht trägt.
ARCHIVFOTO: MOCNIK Wohlklinge­nd: Christian Becher, hier bei einem früheren Duett mit Orgel, demonstrie­rte dem Publikum in der Remigiuski­rche, dass das Euphonium seinen Namen zu Recht trägt.

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