Lebensmittel bleiben vorerst teuer
Nach den Rekordwerten von 2022 ist ein deutlicher Rückgang der Inflationsrate 2023 noch nicht zu erwarten.
Zu den positiven Dingen, die Experten für das gerade begonnene Jahr erwarten, gehört die Hoffnung, dass sich der Preisauftrieb in Deutschland 2023 deutlich verlangsamen wird. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in Düsseldorf beispielsweise sagt für dieses Jahr einen Anstieg der Verbraucherpreise um 5,1 Prozent voraus, das Institut der deutschen Wirtschaft (Köln) veröffentlichte im Dezember eine Schätzung der Inflationsrate von etwa sieben Prozent, die Bundesbank prognostiziert eine Rate von 7,2 Prozent.
Alles liegt deutlich unter dem Rekordwert von mehr als zehn Prozent aus dem Oktober und auch unter den 7,9 Prozent, die das Statistische Bundesamt am Dienstag als bundesweite Zahl für das Gesamtjahr 2022 veröffentlicht hat. Immer noch ein unrühmlicher Rekordwert in der deutschen Nachkriegsgeschichte, dessen Ursachen hinlänglich bekannt sind: „Die historisch hohe Jahresteuerungsrate wurde vor allem von den extremen Preisanstiegen für Energieprodukte und Nahrungsmittel seit Beginn des Kriegs in der Ukraine getrieben“, erklärte am Dienstag Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamtes. Aber auch die Lieferengpässe, die man unter anderem bei Baumaterialien und wegen der Auswirkungen der Pandemie in China erlebt hat, trugen zum Preisanstieg bei.
Und von einer wirklich durchgreifenden Entspannung sind wir gegenwärtig noch deutlich entfernt. Das liegt unter anderem daran, dass nach dem Wegfall der Einmalentlastung aus dem Dezember die Inflation zu Jahresbeginn erst mal wieder ein bisschen anziehen könnte, ehe die Energiepreisbremse ab März wieder einen dämpfenden Effekt verspricht. Auf Jahressicht ist mit einer Rate von weniger als sechs bis sieben Prozent wohl noch nicht zu rechnen. Lebensmittel, die neben Gas, Öl und Strom im vergangenen Jahr die Preistreiber gewesen sind, dürften vorerst auch vergleichsweise teuer bleiben. Die Gefahr besteht beispielsweise bei Produkten wie Butter oder Kartoffeln, deren Preise zwischen der Industrie und dem Handel nicht über mehrere Monate festgezurrt bleiben. Generell sind die Auseinandersetzungen zwischen den großen Händlern wie Edeka und Rewe auf der einen und der Lebensmittelindustrie auf der anderen Seite mal wieder schwierig.
Nach einem Jahr, in dem viele bereits unter den enorm gestiegenen Preisen für einzelne Lebensmittel stöhnten, wünscht man sich den Zustand von einst zurück, in dem Nahrungsmittel in Deutschland so günstig waren wie sonst kaum irgendwo. Zuletzt blieb im Gegensatz zu Energie, wo der Preisrückgang im Dezember die Lage zumindest ein wenig entspannte, der Preisdruck bei Nahrungsmitteln hoch. Um fast 21 Prozent sind die Preise in diesem Bereich im letzten Monat des Jahres 2022 gestiegen. Zwar lag das Plus bei Energie mit 24,4 Prozent immer noch höher. Aber da hatte die Steigerungsrate
im November sogar 38,7 Prozent betragen. Am Ende ist fast alles relativ.
Immerhin: Die Preise für Lebensmittel auf dem Weltmarkt und im Großhandel seien bereits gefallen, auch hier werde der Preisanstieg für Verbraucher in den kommenden Monaten zurückgehen, sagt Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des IMK, das zur gewerkschaftsnahen Hans-BöcklerStiftung gehört. Und da die rund fünf Prozent Inflationsrate, die das Institut voraussagt, ein Jahreswert sind, dürfte die Prognose für Ende 2023 noch darunter liegen.
Bis dahin wird die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt vermutlich versuchen, über mindestens eine weitere Zinserhöhung dafür zu sorgen, dass die Preissteigerungsrate weiter sinkt. „Wir müssen eine längere Strecke gehen“, hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde jüngst gesagt. Wobei Kritiker bekanntlich monieren, dass sich die Zentralbanker auch reichlich spät auf den Weg gemacht haben.