Präses: Kirche darf sich Verluste nicht „schönsaufen“
(las) Zum ersten Mal hat der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, seinen jährlichen Bericht vor einer in Präsenz tagenden Synode abgegeben. Als Latzel dabei zu einer Veränderung des Lebensstils aufrief, gab es Applaus: „Es stirbt die Selbstverständlichkeit, mit der wir Müll produzieren, Energie verbrauchen, weltweit in den Urlaub fliegen, Tiere als Massenware behandeln, dem Artensterben zusehen. Das funktioniert mit acht Milliarden Menschen nicht: Wir brauchen schlicht einen anderen Lebensstil.“
Doch weil das Thema Lützerath im Bericht nicht vorkam, erntete Latzel auch Kritik: Seine „Flughöhe“sei manchmal zu hoch, kritisierte etwa ein Synodaler. Vor Journalisten sagte Latzel, er verstehe die Anliegen der Menschen, die in Lützerath demonstrierten. „Jede weitere Tonne Braunkohle ist eine zu viel für das Klima. Und die Einhaltung der Klimaziele von Paris ist nicht nur ökologisch notwendig, sondern auch ein verbindliches Ziel unserer Regierung.“Jedoch respektiere man auch die rechtsstaatlich errungenen Entscheidungen und den vereinbarten Kompromiss zum Abriss des Weilers.
Ein Thema im Synodenbericht war auch der Relevanzverlust der Kirche. Für viele Menschen im Rheinland sei die Rede von Gott schlicht unverständlich. Geschichten von Wundern oder der Auferstehung Christi würden wie „klingonisch“klingen: „Die kulturelle Selbstverständlichkeit des Glaubens ist, wenn es sie je gegeben hat, massiv im Schwinden.“Deswegen müsse aber weder der der „Untergang des christlichen Abendlandes“beschworen werden, „noch sollten wir uns unsere Verluste einfach theologisch schönsaufen“.
Schließlich äußerte sich Latzel zum Umgang der Kirche mit der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs. Er würde sich wünschen, dass die rheinische Kirche mit der Aufarbeitung bereits weiter vorangekommen wäre: „Zu oft wurde weggesehen, geschwiegen oder versucht, die Institution zu schützen.“Für all das könne die Kirche nur um Entschuldigung bitten: „Es ist beschämend, was die Betroffenen erleiden mussten, auch im Umgang mit ihnen nach den Taten.“Latzel kündigte an, dass noch in diesem Jahr mehrere Studien Ergebnisse auch speziell zum Missbrauch in der Landeskirche vorlegen würden.