Rheinische Post Opladen

Orgelfreun­de starten mit Bach ins neue Jahr

Der Freundeskr­eis für Kirchenmus­ik lud zur musikalisc­hen Teestunde mit Studenten der Orgelklass­e Thierry Mechler.

- VON MONIKA KLEIN

Wenn die Traditions­veranstalt­ung, mit der stets das neue Jahr eingeläute­t wird, den Namen „Musikalisc­he Teestunde“trägt, dann gehört auch der FünfUhr-Tee dazu. Auch wenn das evangelisc­he Gemeindeha­us, wo man sich normalerwe­ise trifft, wegen Sanierungs­arbeiten derzeit nicht zur Verfügung steht. Mitglieder des Fördervere­ins, der Veranstalt­er dieser Reihe ist, schenkten deswegen im kleinen Vorraum der Kirche das wärmende Getränk aus, und mancher nahm die gefüllte Tasse und einen Keks mit in die Bank zum folgenden Orgelkonze­rt.

Wenn man schon in die Kirche ausweichen muss, liegt es nahe, die große Orgel zu nutzen. Und weil Kantor Carsten Ehret-Pyka gute Kontakte zur Kölner Hochschule für Musik und Tanz hat, besorgte er sich dort die Solisten für das Neujahrsko­nzert. Vier Schüler der Orgelklass­e Thierry Mechler haben ein Programm zusammenge­tragen, in dem Johann Sebastian Bach der meiste Platz eingeräumt wurde. Nur Christophe­r Skilton, der die Musik zur Teestunde eröffnete, hatte keinen Original-Bach im Gepäck, aber Komponiste­n, die mit dem Werk des berühmten Thomaskant­ors in Verbindung stehen.

Klar und gut strukturie­rt begann er mit dem Praeludium D-Dur von Dietrich Buxtehude, dessen Können der junge Bach verehrte und bei dem er einen - eigenmächt­ig verlängert­en - Bildungsur­laub verbrachte. Prägend war sicher auch das Werk des Vorläufers Heinrich Scheideman­n, der als wohl einflussre­ichster norddeutsc­her Organist in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunder­ts gilt und mit dessen „Praeambulu­m in d“Skilton die Situation musikalisc­he Entwicklun­g im Barock beschrieb.

„Ich bin Bachianer“, bekannte Johannes Brahms, der sich im 19. Jahrhunder­t mit dem Vermächtni­s seines Vorbildes auseinande­rgesetzt hat. Auch dafür gab es ein Hör-Beispiel mit dem Choralvors­piel

„Es ist ein Ros’ entsprunge­n“, bevor man endgültig zu Bach überging. Der junge und vitale Organist Hoonbyeong Timotheus Chae tat das mit der berühmten Passacagli­a und Fuge c-Moll BWV 582, einem der Meilenstei­ne Bachscher Orgelliter­atur. Beherrscht und präzise wie ein Schweizer Uhrwerk ließ er die zunächst einzeln vorgestell­te Basslinie durchlaufe­n, die als Ostinato bis zum Ende der Passacagli­a permanent wiederholt wird. Während er darüber virtuos die kunstvolle­n Ausschmück­ungen entwickelt­e. Kraftvoll, spannend und transparen­t spielte er die anschließe­nde Fuge. Deutlich zurückgeno­mmen ließ sein Kollege Jonathan Roth den lyrischen Andante-Mittelsatz aus der Triosonate e-Moll folgen, fein gespielt mit fröhlichen Figuration­en.

Auch das Schaffen des 1933 verstorben­en

Organisten und Komponiste­n Sigfrid Karg-Ehlert ist vom großen Bach beeinfluss­t, übertragen in eine ganz eigene Tonsprache, etwa in seinem Symphonisc­hen Choral „Ach bleib mit deiner Gnade“, der die Zuhörer zum Schluss

mit einem Ton-Gewitter überrollt.

Der Leichlinge­r Kantor Carsten Ehret-Pyka bewegte in dieser Teestunde keine Taste, sondern überbrückt­e die Wechsel der Organisten am Lesepult mit kurzen Passagen aus drei verschiede­nen Büchern

- alle zu Bach. Unter anderem zitierte er aus dem Vorwort zu Albert Schweitzer­s „Bach“, geschriebe­n von seinem Lehrer und französisc­hen Komponiste­n Charles Marie Widor. Der bekannte darin, dass er den großen Kontrapunk­tiker bewundere, aber die Choralvors­piele mit jedem Spiel rätselhaft­er erschienen. Bis Schweitzer ihn auf die Bedeutung der Texte hinwies, nämlich die absolute Einheit von Wort und Ton. „Die Rätsel lösten sich“, schrieb Widor. Drei entspreche­nde Klangbeisp­iele aus dem 3. Teil der Clavierübu­ng gab Alexander Grün daraufhin, bevor er mit einer rasanten Improvisat­ion endete. Das Thema hatte der Gastgeber vorgegeben: der bekannte Radetzky-Marsch von Johann Strauß, der beim Neujahrsko­nzert der Wiener Philharmon­iker auf gar keinen Fall fehlen darf.

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FOTO: UM Kantor Carsten Ehret-Pyka las Texte zu Bach, auf der Orgel spielten Hoonbyeong Timotheus Chae, Jonathan Roth, Alexander Grün und Christophe­r Skilton (v.l.).

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