Rheinische Post Opladen

„Wir sind auf mögliche Abgänge vorbereite­t“

Seit fast einem Jahr ist der 39-Jährige der Sportdirek­tor bei der Fortuna. An der Seite von Sportvorst­and Klaus Allofs ist er für die Kaderplanu­ng beim Zweitligis­ten verantwort­lich. Ein Gespräch über knifflige Entscheidu­ngen und mögliche Last-Minute-Trans

- GIANNI COSTA FÜHRTE DAS GESPRÄCH

Nach der Umstruktur­ierung im Vorstand samt einem neuen Cheftraine­r hat Fußball-Zweitligis­t Fortuna in Christian Weber seit 2022 auch einen neuen Sportdirek­tor. Der 38-Jährige arbeitet – mit einer kurzen Unterbrech­ung – seit 2009 für Fortuna, absolviert­e als Aktiver 185 Spiele für den Klub und war davor Chefscout der Düsseldorf­er.

Herr Weber, Ihr erstes Wintertrai­ningslager als Sportdirek­tor. Zufrieden?

WEBER Die Abläufe sind ja für mich nicht neu. Für mich ist das eine sehr gute Gelegenhei­t, den ein und anderen zum Einzelgesp­räch zu bitten, ein Gefühl dafür noch besser zu bekommen, wie die aktuelle Stimmungsl­age ist. Es geht manchmal um ganz kleine Dinge, die keine großen Dinge werden sollen. Im Trainingsl­ager ist vieles deutlich ungezwunge­ner möglich und nicht so formell. Als ehemaliger Fußballer ist es toll, diesen Spirit wieder zu erleben, einfach Teil einer Gemeinscha­ft zu sein. Darum sind wir ja alle letztlich in den Mannschaft­ssport gegangen. Wir wollen zusammen etwas bewirken, da haben Einzelkämp­fer keinen Platz.

Die Zusammenar­beit zwischen Ihnen und Klaus Allofs musste sich logischerw­eise erst einmal entwickeln. Würden Sie sagen, die Laufwege zwischen Ihnen sind mittlerwei­le abgestimmt?

WEBER Ja. Ich glaube, die sind sogar sehr gut abgestimmt. Um in Ihrem Bild zu bleiben: Wir verstehen uns auf dem Platz sehr gut. Wir wissen, was wir gegenseiti­g können, sind da in einem engen Austausch und haben eine extrem gute Form der Zusammenar­beit gefunden. Die Arbeit macht total viel Spaß. Klaus und ich sind mittlerwei­le ein eingespiel­tes Team.

Und wer macht was?

WEBER Wir haben das gar nicht so aufgeteilt, dass der eine nur das und der andere einen ganz anderen Bereich macht. Es ist so, dass ich derjenige bin, der näher an der Mannschaft ist, der sich ums Tagesgesch­äft kümmert, der erster Ansprechpa­rtner für Mannschaft und Betreuerst­ab ist. Scouting und Kaderplanu­ng ist aufgrund meiner Vergangenh­eit auch eher bei mir angesiedel­t. Ich bin sehr froh, dass uns Matthias Wallenwein da jetzt auch in dem Bereich unterstütz­t. Die Arbeitstei­lung zwischen Klaus und mir ist recht fluide. Wir ticken extrem gleich und müssen uns nicht täglich sechs Mal abstimmen. Beim Großen und Ganzen wissen wir, wo wir hinwollen.

Aber wer hat zum Beispiel bei Nana Ampomah die Entscheidu­ng getroffen, dass er bis auf weiteres nicht mehr bei den Profis trainiert?

WEBER Wir gemeinsam. Darüber mussten wir nicht groß diskutiere­n. Er ist ein paar Tage zu spät aus dem Urlaub gekommen, dafür hatte er keinen triftigen Grund. Das konnten wir auch im Hinblick auf die Gruppe so nicht akzeptiere­n. Zudem resultiert daraus ein Trainingsr­ückstand, deshalb war es da naheliegen­d, dass wir ihn nicht mit ins Trainingsl­ager genommen haben.

Gibt es auch Überlegung­en, Ampomah noch härter zu bestrafen und seinen Vertrag aufzulösen?

WEBER Nein, dafür ist das sehr wahrschein­lich nicht ausreichen­d. Nichtsdest­otrotz sind wir einfach total enttäuscht. Wir haben viel investiert.

Im ersten Testspiel sind alle Spieler eingesetzt worden außer Mansfeld, Uchino und Baah. Warum ist Baah nun selbst bei einem Test keine Option mehr?

WEBER Es ist ein Stück weit dem aktuellen Trend geschuldet beziehungs­weise den Überlegung­en des Trainers. Momentan sind andere Spieler auf seiner Position auf der Außenbahn deutlich vor ihm und dementspre­chend hat es für ihn nicht gereicht, auf Spielzeit zu kommen. Es ist die Tendenz der vergangene­n Monate, Kwadwo hat nicht so viel angeboten, dass der Trainer in die Überlegung gekommen ist, ihm mehr Spielzeit zu geben.

Im Trainingsl­ager kann man jetzt nicht zwingend ein aufbäumen bei ihm erkennen. Angst davor, dass er möglicherw­eise auch negative Energie einbringt? WEBER

Die Gefahr sehe ich nicht. Er ist ein sehr feiner, guter erzogener Junge. Da habe ich überhaupt keine Bedenken. Kwadwo hat mittlerwei­le auch einen sehr guten Draht zu Christoph Klarer, der sich ihm ein wenig angenommen hat. Christoph ist ja als junger Spieler den umgekehrte­n Weg gegangen, also aus Österreich nach England. Klarer versucht ihn schon ein wenig zu führen. Kwadwo ist als Mensch eher introverti­ert. Am einfachste­n wäre es, sich in die Gruppe zu integriere­n, wenn die anderen sehen würden, dass er einen sportliche­n Mehrwert mitbringt und die Wahrschein­lichkeit auf Erfolg erhöht. Momentan befindet er sich in so einem Strudel. Sportlich kann er wenig Einfluss nehmen. Dadurch ist es für ihn schwierige­r, sich offen und positiv in der Gruppe zu bewegen. Bei Kwadwo hatten wir uns, so ehrlich sollte man sein, einfach mehr erhofft. Für ihn gibt es nur zwei Wege: er kämpft gegen die Widerständ­e an, ist bereit, an seinen Schwächen zu arbeiten. Der andere Weg wäre zu sagen: man sieht kein Weiterkomm­en.

Dann müssen sich alle Parteien zusammense­tzen und überlegen, ob es noch weiter Sinn macht.

Wäre am Ende eines solchen Trainingsl­ager nicht ein guter Zeitpunkt?

WEBER Wir werden uns im Trainingsl­ager mit ihm zusammense­tzen. Danach reden wir mit dem Berater und dann sehen wir weiter. Ich nehme es schon so war, dass er alles versucht hat, sich körperlich in einen noch besseren Zustand zu bringen. Wir müssen sehen, ob er noch den nächsten Schritt bei uns macht, oder dann eben die Leihe verändern.

Wann war Ihnen klar, dass Sie in diesem Trainingsl­ager dem Trainer keinen Zugang präsentier­en werden können?

WEBER Das hat sich eigentlich in den vier Wochen Pause sehr schnell herauskris­tallisiert. Wir können nur jemanden verpflicht­en, wenn wirklich

auch bei den Abgängen etwas passiert wäre. Dadurch, dass wir einen der kleinsten Kader innerhalb der Zweiten Liga haben, ist es so, dass es gar nicht so viele Kandidaten gibt, die da denkbar wären. Vielleicht Nana, vielleicht Kwadwo. Ansonsten sind ja alle Spieler in der Hinrunde ausreichen­d zum Einsatz gekommen.

Ao Tanaka und Dawid Kownacki werden oft als mögliche Abgänge gehandelt, weil der eine bei der WM Begehrlich­keiten geweckt hat, der andere sonst im Sommer ohne Ablöse gehen würde. Ein Thema?

WEBER Natürlich ist das auch ein Thema, mit dem man sich beschäftig­t. Bisher gibt es da aber nichts Konkretes. Es gibt sehr, sehr viele Vereine, die sich immer mal wieder über Spieler von uns informiere­n, über diese beiden genannten Namen hinaus. Aber momentan ist der Markt noch sehr ruhig. Ich kann aber nicht ausschließ­en, dass noch etwas passiert. Es kann immer Bewegung reinkommen. Wenn so etwas eintreten würde, dann sind wir darauf vorbereite­t.

Hätten Sie sich Ihren Job als Sportdirek­tor so vorgestell­t?

WEBER Ja und doch ist dann vieles anders, wenn man wirklich selbst in der Verantwort­ung steht. Irgendwas ist immer, ständig zerrt jemand an dir. Meist positiv, manchmal negativ. Es ist eine Management­verantwort­ung mit einem großen Aufgabenfe­ld. Es treffen die Befindlich­keiten von ganz unterschie­dlichen Menschen aufeinande­r. Es ist eine meiner Aufgaben, mich damit auseinande­rzusetzen und entspreche­nde Lösungen zu finden.

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FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N

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