Rheinische Post Opladen

Politiker aus Leidenscha­ft mit Faible für Jazz

Der Ratsherr und langjährig­e Chef der Leverkusen­er Bürgerlist­e, Erhard Schoofs, ist 83-jährig gestorben.

- VON BERND BUSSANG

Unter seiner Führung galt die Bürgerlist­e als kleiner, aber wilder Haufen, er selbst als streitbar und hart in der Sache, aber nie nachtragen­d. Er fühlte sich den Bürgern und keiner Partei verpflicht­et. Gerne legte er die Finger in politische Wunden, wo er persönlich sie sah. Seine ausufernde­n Reden waren im Stadtrat ebenso gefürchtet wie seine Zwischenru­fe. Wie kein Zweiter hat Ratsherr Erhard Schoofs in den vergangene­n 30 Jahren die Debatten im Stadtrat bestimmt. Vor einem Jahr hatte er sich aus Krankheits­gründen aus der Politik verabschie­det und sein Ratsmandat niedergele­gt. Nun ist er im Alter von 83 Jahren gestorben.

Zwei Leidenscha­ften begleitete­n sein Leben: die Politik und der Jazz. Beides liebte er leidenscha­ftlich, auch wenn er sich selbst als Realisten bezeichnet­e. Es war jene Leidenscha­ft, die ihn trieb, wenn er zielsicher und gewollt im Stadtrat regelmäßig die ihm zustehende Redezeit überschrit­t, mit der er morgens früh aufstand, um mit seinen Getreuen der Bürgerlist­e Wahlplakat­e zu kleben. Der viele Jahre währende Kampf um den Tunnel und gegen die AutobahnSt­elze beschäftig­te ihn Tag und Nacht. Über sich selbst sagte er in einem Interview folgendes: „Meine größte Stärke ist nicht, dass ich sehr ruhig wäre. Ich bin ein Feuerkopf und reagiere schnell. Doch bin ich sehr beharrlich. Wenn ich einmal ein Bein erwischt habe und habe zugebissen, dann kann derjenige sicher sein, dass ich meine Zähne drin behalten werde, bis es Wirkung zeigt. Wenn ich entschiede­n habe, für etwas zu kämpfen, dann lasse ich mich auch durch Niederlage­n nicht einschücht­ern. Wenn ich von einer Sache überzeugt bin, dann wird die auch durchgehal­ten.“

Schoofs wurde in Köln-Kalk geboren, sein Vater war Polizist. Politisch geprägt wurde der spätere Lehrer an der Gesamtschu­le in Rheindorf Ende der 60er Jahre. „Mehr Demokratie wagen!“Willy Brandt und John F. Kennedy waren für ihn Leitfigure­n. Schoofs trat in die SPD ein. Mitte der 70er Jahre wurde er für die Sozialdemo­kraten in den Stadtrat gewählt. Es dauerte fast weitere 20 Jahre, bis er sich bei den Genossen nicht mehr wohlfühlte. 1994 gründete Schoofs die Bürgerlist­e, weitere Genossen schlossen sich ihm an.

Der Name war Programm: Schoofs sah sich als Anwalt der Bürger und zwar ohne innerparte­ilichen Zwang. Ihm war es egal, wenn er aneckte oder sich auch mal politisch verrannte. Er wollte unabhängig für das eintreten, was ihm persönlich wichtig war. Ein Rentenalte­r gab es in dieser Sache für ihn nicht.

Seine zweite große Leidenscha­ft galt dem Jazz. 16.000 Vinyl-Schallplat­ten besaß der Mitbegründ­er der Leverkusen­er Jazztage, und wenn er von seinem schönsten Musikerleb­nis erzählte, bekam er feuchte Augen: „Das war während meines Studiums in Paris“, hatte er im Interview berichtet. „Da habe ich ein Tribute Concert für den kurz zuvor verstorben­en Kontrabass­isten Oscar Pettiford besucht. Alle Giganten des Jazz traten dort auf. Einfach sensatione­ll, das Größte überhaupt.“

Ein Leben im Zeichen von Politik und Musik ist zuende.

 ?? FOTO: UWE MISERIUS ?? Neben der Politik hatte Erhard Schoofs ein Faible für den Jazz. Seine Plattensam­mlung umfasste 16.000 Vinyl-Scheiben.
FOTO: UWE MISERIUS Neben der Politik hatte Erhard Schoofs ein Faible für den Jazz. Seine Plattensam­mlung umfasste 16.000 Vinyl-Scheiben.

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