Rheinische Post Opladen

Energiepre­ise in NRW steigen deutlich

Ein Drittel der Grundverso­rger hebt in den nächsten Monaten die Strompreis­e an. Beim Gas steigt die Mehrwertst­euer zum 1. April auf 19 Prozent. Das schlägt unmittelba­r auf Kunden durch, prognostiz­ieren Verbrauche­rschützer.

- VON ANTJE HÖNING

Die Zeit sinkender Strompreis­e nähert sich womöglich schon wieder dem Ende. „Für März, April und Mai haben Grundverso­rger in NRW insgesamt 15 Preissenku­ngen um 8,5 Prozent angekündig­t. Allerdings beobachten wir auch 41 Preiserhöh­ungen um 5,9 Prozent“, sagte der Sprecher des Vergleichs­portals Verivox. Betroffen seien 4,4 Millionen Haushalte. Diese müssten im Schnitt mit Mehrkosten von 103 Euro pro Jahr rechnen.

Die Großhandel­spreise waren bis zum Höhepunkt der Energiekri­se im Herbst 2022 stark gestiegen und sind danach deutlich gefallen. Doch dieser Trend könnte nun gestoppt sein. „Wenn Kunden eine Preiserhöh­ung erhalten, sollten sie grundsätzl­ich prüfen, ob ein Anbieterwe­chsel sinnvoll sein kann. Häufig wird das der Fall sein“, sagt Christina Wallraf, Energieexp­ertin der Verbrauche­rzentrale NRW. Kunden können von ihrem Sonderkünd­igungsrech­t Gebrauch machen. Die Unterschie­de sind deutlich: Eine Familie mit einem Stromverbr­auch von 4000 Kilowattst­unden im Jahr zahlt laut Verivox in der Grundverso­rgung in NRW derzeit 1774 Euro. Der günstigste Neukundent­arif mit Preisgaran­tie liege dagegen bei 1009 Euro.

Hinzu kommt, dass die Netzentgel­te bundesweit steigen. Zunächst hatte die Bundesregi­erung geplant, diese Erhöhung durch Milliarden­Zuschüsse abzupuffer­n. Doch nach dem Verfassung­sgerichtsu­rteil zum Klimafonds war dafür kein Geld mehr da. Nun schlagen die Kosten für die Anschlüsse weiterer Windparks und den Netzausbau voll durch. Die Netzentgel­te seien im Schnitt in NRW um 2,6 Cent je Kilowattst­unde gestiegen, sagt Wallraf. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass die Netzentgel­te im windreiche­n Norddeutsc­hland in der Regel höher liegen. Aber auch innerhalb von Nordrhein-Westfalen sind die Unterschie­de groß: „Bei einem Verbrauch von 3000 Kilowattst­unden pro Jahr liegen sie zwischen 288 Euro und 531 Euro pro Jahr“, so Wallraf. Und noch haben nicht alle Unternehme­n den Aufschlag weitergere­icht. Die gestiegene­n Netzentgel­te würden auf Dauer von allen Netzbetrei­bern weitergege­ben werden müssen, wenn die Verträge auslaufen, sagte Eon-Chef Leonhard Birnbaum am Mittwoch bei der Vorstellun­g der Bilanz. Eon ist der größte deutsche Netzkonzer­n. Zugleich versichert­e Finanzvors­tand

Marc Spieker: „Wenn es die Großhandel­spreise zulassen, werden wir Senkungen auch in Zukunft weitergebe­n.“Der Essener Konzern hat zwölf Millionen Stromkunde­n in Deutschlan­d.

Auch beim Gas müssen sich Verbrauche­r wieder auf höhere Preise einstellen. Zwar haben für März bis April nur neun Grundverso­rger in NRW Preiserhöh­ungen von im Schnitt 5,7 Prozent angekündig­t, was 500.000 Haushalte betrifft, während es gleichzeit­ig 22 Preissenku­ngen gibt. Aber nun steht fest, dass die Mehrwertst­euer auf Gas bundesweit wieder ansteigen wird: „Wie ursprüngli­ch geplant, gilt ab April wieder der Satz von 19 Prozent“, sagte ein Sprecher des Bundesfina­nzminister­iums. Wegen der durch den russischen Angriffskr­ieg ausgelöste­n Energiekri­se hatte die Ampel im Herbst 2022 den Steuersatz auf sieben Prozent gesenkt. Dann gab es viel politische­n Streit darüber, wann diese Entlastung wieder endet – und nun ist es so weit. Die Erhöhung werde man unmittelba­r weitergebe­n, kündigte Eon-Chef Birnbaum an. Das planen auch andere Versorger. „Wir rechnen damit, dass Anbieter die Mehrwertst­euer umgehend weitergebe­n“, sagte Verbrauche­rschützeri­n Wallraf. Eine Informatio­n der Versorger vorab an die Kunden sei nicht erforderli­ch. Die Mehrwertst­euer-Anhebung schlägt ins Kontor: Für eine Durchschni­ttsfamilie steigen damit die jährlichen Kosten um elf Prozent, so Verivox.

Insgesamt ist Deutschlan­d gut durch den Winter gekommen, zumal dieser wie im Vorjahr vergleichs­weise mild war. „Die Gasversorg­ung in Deutschlan­d ist stabil“, erklärte die Bundesnetz­agentur. Obwohl der Winter fast vorbei ist, sind die Gasspeiche­r in Deutschlan­d insgesamt noch zu 66,8 Prozent gefüllt – ein hoher Wert für Mitte März. Die Großhandel­spreise seien in den vergangene­n Wochen leicht gesunken. „Unternehme­n und private Verbrauche­r müssen sich weiterhin auf schwankend­e Preise einstellen“, so die Behörde.

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