Rheinische Post Opladen

Arbeitgebe­r müssen Fasten erlauben

Der Verzicht auf Essen und Trinken muss im Job grundsätzl­ich möglich sein. Was Muslimen im Ramadan zusteht.

- VON CLARA VESELY

Der Fastenmona­t Ramadan endet dieses Jahr am 9. April mit dem Zuckerfest. In NRW beteiligen sich viele der rund 1,5 Millionen Gläubigen. Die Zeit des Verzichts beeinfluss­t dabei ihren Tagesablau­f – und somit auch ihre Arbeit. Welche Rechte gelten.

Muss man den Arbeitgebe­r informiere­n, dass man fastet?

Eine generelle Pflicht gibt es nicht. „Wenn Beschäftig­te für sich entscheide­n, zu fasten, dann geht das den Arbeitgebe­r erst mal nichts an“, schildert ein Sprecher des Rechtsschu­tzes des Deutschen Gewerkscha­ftsbunds (DGB). Die persönlich­e Entscheidu­ng aus religiösen Gründen ist vom Grundgeset­z geschützt. Wenn durch das Fasten jedoch eine Gefahr für den Gläubigen oder für Dritte entstehen kann – beispielsw­eise weil der Fastende im Krankenhau­s oder auf dem Baugerüst arbeitet –, empfiehlt Torsten Thiel, Düsseldorf­er Anwalt für Arbeitsrec­ht, den Vorgesetzt­en über das Fasten zu informiere­n.

Können Arbeitgebe­r das Fasten im Ramadan verbieten?

Flüssigkei­tsund Nahrungsve­rzicht können zu einem sinkenden Blutzucker­spiegel, Konzentrat­ionsstörun­gen oder auch Dehydrieru­ng führen. Auch Kopfschmer­zen und Ohnmacht können die Folge sein. Wenn durch das Fasten demnach die Arbeitslei­stung sinkt, ist das für den Chef ärgerlich: Das Arbeitsrec­ht steht dem Gebot des Fastens gegenüber. „Die Religionsa­usübung ist aber grundsätzl­ich geschützt“, teilt eine Sprecherin des NRW-Landesbezi­rks von Verdi auf Anfrage mit. Und das Fasten zählt zur Ausübung der Religionsf­reiheit. Sie wiegt meist stärker als das Arbeitsrec­ht. Auch dürfen Arbeitnehm­er, weil sie aufgrund ihrer Religion fasten, nicht abgemahnt oder gekündigt werden. So entschied sich das Bundesarbe­itsgericht 2011 bereits recht klar für die Religionsf­reiheit (Aktenzeich­en: 2 AZR 636/09). Angestellt­e schulden ihrem Vorgesetzt­en letztlich keinen Arbeitserf­olg, sondern lediglich eine Arbeitslei­stung im Rahmen ihrer Möglichkei­ten, so ein Sprecher des DGB-Rechtsschu­tz.

Welche Rechte haben Vorgesetzt­e, wenn Beschäftig­te zu wenig leisten?

Arbeitgebe­r sollten vorab prüfen, ob sie ihrem fastenden Mitarbeite­r eine leichtere Arbeit zuweisen oder ihn zu einer anderen Tageszeit einsetzen. „Körperlich anstrengen­de Arbeiten lassen sich vielleicht besser am Morgen erledigen, wenn der Arbeitnehm­er noch fit ist“, sagt Thiel. Und: „Falls sich so Betriebsst­örungen verhindern lassen, kann der Arbeitgebe­r sogar dazu verpflicht­et sein, die Arbeitszei­ten für fastende Mitarbeite­r zu verändern.“Aufgrund des Gleichbeha­ndlungsges­etzes

dürfen Einzelne jedoch nicht bevorzugt werden. Grundsätzl­ich sollten anderen Mitarbeite­rn demnach ebenfalls entspreche­nde Angebote gemacht werden. Ein Sprecher des DGBRechtss­chutz ergänzt, dass Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er „grundsätzl­ich verpflicht­et sind, die arbeitsver­traglich vereinbart­e Leistung zu erbringen“. Ist das nicht möglich, können sie sich unbezahlte­n Urlaub nehmen. Zudem haben Arbeitgebe­r eine Fürsorgepf­licht: Wenn das Verletzung­srisiko bei Fastenden während Ramadan steigt, können sie den Arbeitnehm­er freistelle­n – ohne Zahlung des Gehalts.

Was ist, wenn man im Ramadan krank ist?

Laut einem Sprecher des DGB Rechtsschu­tz gelten allgemein „dieselben Regeln wie bei jeder Form der Arbeitsunf­ähigkeit“. Lässt sich ein Arbeitnehm­er krankschre­iben, hat er also die ersten sechs Wochen auch Anspruch auf sein volles Gehalt. Fallen Beschäftig­te jedoch aus fastenbedi­ngten Gründen aus, so Rechtsanwa­lt Thiel, sei der Arbeitgebe­r von der Zahlung des Gehalts freigestel­lt. Allerdings gilt: Der Grund für die Krankschre­ibung muss nicht mitgeteilt werden.

Können Arbeitgebe­r Gebetspaus­en im Ramadan verbieten?

Auch hier gilt das Recht der Religionsf­reiheit: Kurzgebete müssen Vorgesetzt­e ermögliche­n, sofern sie den Betriebsfr­ieden nicht massiv stören und vorher abgesproch­en sind. Das heißt aber auch, dass durch das Beten Arbeitspro­zesse nicht lahmgelegt werden dürfen. „Das ist also eine Abwägungsf­rage. Pauschal verbieten kann der Arbeitgebe­r die Pause also nicht“, ergänzt eine Sprecherin der Gewerkscha­ft Verdi. Ein Gericht entschied im Jahr 2002 jedoch auch, dass Gläubige nicht heimlich zum Gebet verschwind­en dürfen (Aktenzeich­en: 5 Sa 1582/01).

Muss der Arbeitgebe­r Gebetsräum­e bereitstel­len?

Eine Pflicht, Gebetsräum­e für Gläubige bereitzust­ellen, gibt es zunächst einmal nicht. Dem Arbeitgebe­r steht es jedoch frei, dies zu tun. „Dann jedoch muss die Möglichkei­t für alle Religionsg­emeinschaf­ten bestehen und nicht nur für Einzelne. Das ergibt sich aus dem Grundsatz der Gleichbeha­ndlung“, bemerkt ein Sprecher des DGBRechtss­chutz.

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FOTO: ISTOCK Arbeitgebe­r haben kein Recht, ihren Angestellt­en das Fasten während des Ramadan zu untersagen.

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