Arbeitgeber müssen Fasten erlauben
Der Verzicht auf Essen und Trinken muss im Job grundsätzlich möglich sein. Was Muslimen im Ramadan zusteht.
Der Fastenmonat Ramadan endet dieses Jahr am 9. April mit dem Zuckerfest. In NRW beteiligen sich viele der rund 1,5 Millionen Gläubigen. Die Zeit des Verzichts beeinflusst dabei ihren Tagesablauf – und somit auch ihre Arbeit. Welche Rechte gelten.
Muss man den Arbeitgeber informieren, dass man fastet?
Eine generelle Pflicht gibt es nicht. „Wenn Beschäftigte für sich entscheiden, zu fasten, dann geht das den Arbeitgeber erst mal nichts an“, schildert ein Sprecher des Rechtsschutzes des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Die persönliche Entscheidung aus religiösen Gründen ist vom Grundgesetz geschützt. Wenn durch das Fasten jedoch eine Gefahr für den Gläubigen oder für Dritte entstehen kann – beispielsweise weil der Fastende im Krankenhaus oder auf dem Baugerüst arbeitet –, empfiehlt Torsten Thiel, Düsseldorfer Anwalt für Arbeitsrecht, den Vorgesetzten über das Fasten zu informieren.
Können Arbeitgeber das Fasten im Ramadan verbieten?
Flüssigkeitsund Nahrungsverzicht können zu einem sinkenden Blutzuckerspiegel, Konzentrationsstörungen oder auch Dehydrierung führen. Auch Kopfschmerzen und Ohnmacht können die Folge sein. Wenn durch das Fasten demnach die Arbeitsleistung sinkt, ist das für den Chef ärgerlich: Das Arbeitsrecht steht dem Gebot des Fastens gegenüber. „Die Religionsausübung ist aber grundsätzlich geschützt“, teilt eine Sprecherin des NRW-Landesbezirks von Verdi auf Anfrage mit. Und das Fasten zählt zur Ausübung der Religionsfreiheit. Sie wiegt meist stärker als das Arbeitsrecht. Auch dürfen Arbeitnehmer, weil sie aufgrund ihrer Religion fasten, nicht abgemahnt oder gekündigt werden. So entschied sich das Bundesarbeitsgericht 2011 bereits recht klar für die Religionsfreiheit (Aktenzeichen: 2 AZR 636/09). Angestellte schulden ihrem Vorgesetzten letztlich keinen Arbeitserfolg, sondern lediglich eine Arbeitsleistung im Rahmen ihrer Möglichkeiten, so ein Sprecher des DGB-Rechtsschutz.
Welche Rechte haben Vorgesetzte, wenn Beschäftigte zu wenig leisten?
Arbeitgeber sollten vorab prüfen, ob sie ihrem fastenden Mitarbeiter eine leichtere Arbeit zuweisen oder ihn zu einer anderen Tageszeit einsetzen. „Körperlich anstrengende Arbeiten lassen sich vielleicht besser am Morgen erledigen, wenn der Arbeitnehmer noch fit ist“, sagt Thiel. Und: „Falls sich so Betriebsstörungen verhindern lassen, kann der Arbeitgeber sogar dazu verpflichtet sein, die Arbeitszeiten für fastende Mitarbeiter zu verändern.“Aufgrund des Gleichbehandlungsgesetzes
dürfen Einzelne jedoch nicht bevorzugt werden. Grundsätzlich sollten anderen Mitarbeitern demnach ebenfalls entsprechende Angebote gemacht werden. Ein Sprecher des DGBRechtsschutz ergänzt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer „grundsätzlich verpflichtet sind, die arbeitsvertraglich vereinbarte Leistung zu erbringen“. Ist das nicht möglich, können sie sich unbezahlten Urlaub nehmen. Zudem haben Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht: Wenn das Verletzungsrisiko bei Fastenden während Ramadan steigt, können sie den Arbeitnehmer freistellen – ohne Zahlung des Gehalts.
Was ist, wenn man im Ramadan krank ist?
Laut einem Sprecher des DGB Rechtsschutz gelten allgemein „dieselben Regeln wie bei jeder Form der Arbeitsunfähigkeit“. Lässt sich ein Arbeitnehmer krankschreiben, hat er also die ersten sechs Wochen auch Anspruch auf sein volles Gehalt. Fallen Beschäftigte jedoch aus fastenbedingten Gründen aus, so Rechtsanwalt Thiel, sei der Arbeitgeber von der Zahlung des Gehalts freigestellt. Allerdings gilt: Der Grund für die Krankschreibung muss nicht mitgeteilt werden.
Können Arbeitgeber Gebetspausen im Ramadan verbieten?
Auch hier gilt das Recht der Religionsfreiheit: Kurzgebete müssen Vorgesetzte ermöglichen, sofern sie den Betriebsfrieden nicht massiv stören und vorher abgesprochen sind. Das heißt aber auch, dass durch das Beten Arbeitsprozesse nicht lahmgelegt werden dürfen. „Das ist also eine Abwägungsfrage. Pauschal verbieten kann der Arbeitgeber die Pause also nicht“, ergänzt eine Sprecherin der Gewerkschaft Verdi. Ein Gericht entschied im Jahr 2002 jedoch auch, dass Gläubige nicht heimlich zum Gebet verschwinden dürfen (Aktenzeichen: 5 Sa 1582/01).
Muss der Arbeitgeber Gebetsräume bereitstellen?
Eine Pflicht, Gebetsräume für Gläubige bereitzustellen, gibt es zunächst einmal nicht. Dem Arbeitgeber steht es jedoch frei, dies zu tun. „Dann jedoch muss die Möglichkeit für alle Religionsgemeinschaften bestehen und nicht nur für Einzelne. Das ergibt sich aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung“, bemerkt ein Sprecher des DGBRechtsschutz.