Haukelands Rundumschlag
Der Torhüter der Düsseldorfer EG geht frustriert in die Sommerpause. Vorher gibt er seinem Klub noch etwas mit auf den Weg: Die DEG brauche einen Kulturwandel.
Wer am Freitagabend die Szenen nach dem letzten Saisonspiel gegen die Löwen Frankfurt (2:1) sah, konnte denken, dass rund um die Düsseldorfer EG wieder so etwas wie eitel Sonnenschein herrscht. Ehrenrunden, Wellen, Spieler, die einzeln vor die Fankurve gebeten wurden – nach all den schwierigen Monaten mit Abstiegsangst und verpassten Play-offs war die Saison zumindest versöhnlich geendet.
Einer wollte da aber so gar nicht mitmachen: Henrik Haukeland. Als die Fans auch ihn aus nächster Nähe sehen und für seine Leistungen feiern wollten, blieb der 29-Jährige neben seinen Kollegen an der blauen Linie stehen. Allerdings aus Respekt vor seinem Torhüterkollegen Hendrik Hane, wie er später in der Interviewzone des Rather Domes sagte: „Ich bin so oft im Zentrum, dieses Spiel wollte ich das nicht sein. Henk hat sehr gut gespielt, es war sein Moment“, sagte Haukeland über Hane, der sich den Extraapplaus in der Tat verdient hatte. Das sei nicht gegen die Fans gerichtet, stellte Haukeland klar. Im Gegenteil: „In einem bedeutungslosen Spiel ist die Halle voll. Die Fans sind unglaublich hier, sie verdienen viel mehr, als das, was wir ihnen dieses Jahr gezeigt haben. Wenn wir so gut wären wie die Fans, wären wir ganz oben.“
Das ist die DEG aber bekanntlich nicht ansatzweise, die Abschlusstabelle der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) führt sie auf Rang elf. Aber nicht nur deswegen sprach Haukeland hinterher von einer „sehr, sehr, sehr schlechten Saison vom Start bis zum Ende“, die Leistung der Mannschaft spotte jeder Kritik. „Es ist einfach nicht akzeptabel, wie wir diese Saison gespielt haben.“Also gebe es nur eins: „Ich hoffe, dass es sehr große Veränderungen im Klub gibt, wenn wir irgendwie erfolgreich sein wollen.“
Hat er es also bereut, für weitere sechs Jahre bei der DEG unterschrieben zu haben? „Nein, ich glaube weiter an die Organisation“, sagte er. Um dann aber zu einem Rundumschlag auszuholen: „Jeder muss gewinnen wollen. Wir dürfen nicht glücklich damit sein, in die Play-offs zu kommen und im Viertelfinale zu verlieren. Es braucht einen Kulturwandel. Seit einer sehr langen Zeit ist es die Kultur hier, mittelmäßig zu sein. Die letzte Meisterschaft ist fast 30 Jahre her. Und das hat nichts mit Geld zu tun. Es geht darum, wie die Menschen in einem Klub zusammenkommen. Wenn wir erfolgreich sein wollen, braucht es Veränderungen.“
Das war nicht das erste Mal, dass Haukeland den Finger in die Wunde legte. Bereits Anfang der Saison holte er zu einer Wutrede über die Eisqualität im Dome aus. „Das ist das schlechteste Eis in ganz Europa. Du kannst da drauf nicht spielen“, polterte der Norweger, nannte den Untergrund im Dome vor laufenden Kameras „Pferdescheiße“. Auch zuletzt zeigte er seinen Frust wieder öffentlich. Beim ganz düsteren Auftritt in Nürnberg war Haukeland so genervt von der Defensivleistung seiner Vorderleute, dass er fast eine
Prügelei mit Ice-Tigers-Torwart Niklas Treutle begann.
Nun dürfte da auch etwas Frust über die eigene Leitung bei gewesen sein, auch Haukeland selbst hatte zuletzt den ein oder anderen Wackler im Programm. Aber dass er auch in seinem zweiten Jahr am Rhein „unser bester Spieler“ist, wie Manager Niki Mondt stets betont, steht außer Frage. Seine Fangquote (90,8 Prozent) und sein Gegentorschnitt (2,7) sind vielleicht nicht die Besten, aber man darf ja nicht vergessen, wie sehr er diese Saison im Stich gelassen wurde. Allein die Tatsache, dass ihm bei 958 (!) der gegnerischen Schüsse die Sicht genommen wurde, weil seine Kollegen vor ihm nicht aufräumten, spricht Bände. Der mit weitem Abstand höchste Wert der ganzen Liga. Insofern ist eine andere Zahl noch beeindruckender: 23,9. So viele Tore hätte Haukeland mit Blick auf die Qualität der gegnerischen Chancen eigentlich mehr kassieren müssen. Mit diesen 24 Gegentoren mehr wäre die DEG ziemlich sicher abgestiegen.
Wie es für ihn weitergeht? Erst mal zur WM nach Tschechien? „Ich habe mich noch nicht entschieden. Es war eine sehr frustrierende Saison. Eine WM macht normalerweise Spaß, aber diese Saison hat nicht ansatzweise Spaß gemacht. Ich brauche eine Pause, dann sehen wir weiter.“