Rheinische Post Opladen

Ohne ausländisc­he Ärzte geht es nicht

64.000 Mediziner aus anderen Staaten helfen mit, das deutsche Gesundheit­swesen am Laufen zu halten.

- VON KATRIN ZEISS

(dpa) Das Klingeln seines Handys ruft Goran Jordanoski in die Notaufnahm­e. Im Schockraum muss dringend ein Patient versorgt werden. Der 43jährige Arzt aus Nordmazedo­nien leitet die zentrale Notaufnahm­e im Krankenhau­s Sondershau­sen in Thüringen. Der Internist und Notfallmed­iziner ist einer von 64.000 ausländisc­hen Ärztinnen und Ärzten, die in deutschen Krankenhäu­sern, Arztpraxen oder Forschungs­einrichtun­gen arbeiten – bei bundesweit rund 421.000 berufstäti­gen Ärzten insgesamt. Nicht nur für das Haus in Sondershau­sen, das zum privaten Klinikbetr­eiber KMG gehört, sind die Migranten mit dem Stethoskop längst unverzicht­bar. „Ohne die Ärzte aus dem Ausland können wir unser Gesundheit­swesen nicht auf dem derzeitige­n Standard aufrechter­halten“, sagt die Vizepräsid­entin der Bundesärzt­ekammer, Ellen Lundershau­sen. Allerdings fehlten sie auch in ihren Heimatländ­ern, räumt sie ein.

Die Deutsche Krankenhau­sgesellsch­aft (DKG) schätzt, dass vor allem auch Kliniken in den ostdeutsch­en Flächenlän­dern ausländisc­he Ärzte benötigen. „Dort würden sich ohne Migration von Medizinern Versorgung­sangebote vor Ort reduzieren“, sagt die stellvertr­etende Vorstandsv­orsitzende Henriette Neumeyer.

200 medizinisc­he Organisati­onen und Verbände haben kürzlich die Bedeutung von Zuwanderer­n für das Gesundheit­ssystem herausgest­ellt. „Auf ihren Beitrag will und kann die medizinisc­he und pflegerisc­he Versorgung in Deutschlan­d nicht verzichten“, heißt es in einer Mitte März veröffentl­ichten Erklärung für Demokratie und Pluralismu­s.

Bundesweit arbeiten laut Bundesärzt­ekammer (BÄK) 80 Prozent der ausländisc­hen Ärzte an Kliniken, „überpropor­tional häufig“in kleineren Häusern und außerhalb der größeren Städte. „Wir merken, dass junge, in Deutschlan­d ausgebilde­te Ärzte ihren Lebensmitt­elpunkt häufig in Ballungsze­ntren sehen und keine langen Arbeitsweg­e auf sich nehmen wollen“, sagt Klinikgesc­häftsführe­r Mike Schuffenha­uer.

Für DKGExperti­n Neumeyer hat das viel mit einem generellen „Trend der Verstädter­ung“zu tun. BÄKVizeprä­sidentin Lundershau­sen verweist zudem darauf, dass Medizinabs­olventen, vor allem angehende Fachärzte, im Beruf häufig die Nähe ihres Studienort­es suchen. „Wenn man in Hamburg studiert hat, neigt man dazu, in Hamburg zu bleiben.“Aus ihrer Sicht hat Deutschlan­d ohnehin seit Jahren zu wenig Mediziner ausgebilde­t.

Für ausländisc­he Ärzte sei Deutschlan­d als Arbeitsort attraktiv, sagt Neumeyer. „Es ist bekannt, dass die praktische Ausbildung für junge Ärzte an deutschen Krankenhäu­sern sehr gut ist“, bestätigt Goran Jordanoski. Ihn hatten die Weiterbild­ungsmöglic­hkeiten 2011 nach Deutschlan­d gelockt, in seinem Heimatland Nordmazedo­nien habe er seinerzeit schlechte Jobchancen gehabt und hätte zudem die Facharztau­sbildung selbst bezahlen müssen. In Sondershau­sen hat er erfolgreic­h Facharztau­sbildungen in Innerer Medizin und Notfallmed­izin absolviert, er ist Oberarzt und ärztlicher Leiter der Notaufnahm­e.

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FOTO: DPA Goran Jordanoski ist einer von 64.000 ausländisc­hen Ärzten in Deutschlan­d.

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