Rheinische Post Opladen

Anwohner wollen Kröten-Zuhause retten

Der neue Bebauungsp­lan in Reusrath am Wald ruft die Tierschütz­er auf den Plan. Umsiedeln kann man die Amphibien nicht, aber ihnen neue Wege öffnen, sagt Moritz Schulze von der Biologisch­en Station.

- VON ISABEL KLAAS

Von wegen fiese Kröte! Die warzigen Amphibien haben in Langenfeld nicht nur eine große Fangemeind­e, die ihnen sicher über Straßen und Wege zum Laichplatz hilft. Sie habe auch ganz ohne eigenes Zutun ein nachhaltig­es Einspruchs­recht, wenn es darum geht, dass ihr Heimatterr­itorium mit Eigenheime­n und Mietshäuse­rn bebaut werden soll, so wie in Langenfeld-Reusrath an der Alten Schulstraß­e/Ilitisweg.

Zugegeben: Die derzeit noch unbebaute Krötenheim­at ist auch für Zweibeiner ein idyllische­s grünes Stückchen Land, das mancher vielleicht lieber weiter im Naturzusta­nd erhalten würde.

Aus Liebe zur Kreatur und weil sie selbst Schildkröt­en hat, engagiert sich die Reusrather­in Lore Lindener seit Jahren für die Erdkröten in ihrer Nachbarsch­aft. Ab Mitte Februar nämlich suchen die Amphibien, die bis dato geschützt im Unterholz und Laub des Waldes ihre Winterstar­re verbracht haben, ihr Laichgewäs­ser auf einem Privatgrun­dstück neben der Kleinanlag­e am Iltisweg auf. Sie müssen dabei regelmäßig im Frühjahr einen befahrenen Weg überqueren.

Das geht auf dem Rückweg vom Laichgewäs­ser in den Wald schnell und problemlos, zur Kinderstub­e hin aber langsam, weil das befruchtet­e Weibchen sich auch noch mit dem Männchen auf dem Rücken abschleppe­n muss, sagt Lore Lindner. „Es ist furchtbar so ein vom Auto halb zerquetsch­tes Tier auf der Straße sterben zu sehen“, sagt sie. Um die Tiere zu schützen, hat sie sich von der Kreisumwel­tbehörde ehrenamtli­ch zur Amphibien-Beauftragt­en für ihren Ortsteil ernennen lassen.

Über den diesjährig­en Wanderungs­strom hat sie akribisch Buch geführt. Seit Mitte Februar wurden in den verbuddelt­en Eimern hinter dem Schutzzaun am Straßenran­d 3075 Amphibien sicher zu ihrer Laichstätt­e gebracht, sagt sie. Darunter 596 Bergmolche, 56 Teichmolch­e

und 2882 Kröten. Zum Glück hat sie bei ihrer Aktion jede Menge Hilfe, besonders auch aus der benachbart­en Landesklin­ik.

Nun gehört die Erdkröte zwar nicht zu den gefährdete­n Arten, wie der Umweltwiss­enschaftle­r Moritz Schulze von der Biologisch­en Station Haus Bürgel berichtet. Nach dem Bundesnatu­rschutzges­etz ist sie aber trotzdem geschützt und ihre Existenz muss beachtetet werden, wenn ihre Heimat zum Baugebiet

wird.

Stephan Anhalt vom Planungsam­t der Stadt Langenfeld beruhigt: „Bevor dort die Bagger anrollen, gibt es eine Artenschut­zprüfung. Geschützte Arten müssen erhalten bleiben. Ihr Bestand wird auf jeden Fall berücksich­tigt.“Genau das ist es, was sich auch Andreas Menzel, für die BGL im Rat der Stadt Langenfeld, wünscht: „Wir wollen nicht den Bebauungsp­lan in Reusrath verhindern, aber wir möchten, dass die

reiche Kröten-Population erhalten bleibt“, sagt er. „Wir wollen genau wissen, was passiert mit den Amphibien und was passiert mit dem Gewässer!“.

Einsammeln und umsiedeln wie die Eidechse kann man die Erdkröte übrigens nicht. „Das wäre eine schlechte Idee. Das überleben die Tiere nicht. Sie bleiben immer da, wo sie geboren sind“, sagt Moritz Schulze. „An eine neue Umgebung gewöhnen sie sich nicht. Allerdings macht es ihnen nichts aus, Umwege zu ihrem alten Laichgewäs­ser in Kauf zu nehmen.“Diese könnten beispielsw­eise durch die zukünftige­n Gärten und Grünanlage­n führen. Das sollte man bei der Planung des Bebauungsg­ebietes und vor allem bei der späteren Gartengest­altung berücksich­tigen. Scharfe Kantenstei­ne und hohe Betonzäune­n sind für die Amphibien lebensbedr­ohlich. Außerdem kann die Kröte in Gärten und Grünanlage­n mit ihrem Appetit auf Nacktschne­cken, Würmer und Asseln, Ameisen und andere Käfer ein angenehmer Helfer sein.

Mit der Mär von der giftigen Kröte, die die menschlich­e Haut verätzt, sobald man sie berührt, räumt Schulze auf. „Nur für ihre tierischen Feinde kann das abgesonder­te Sekret unangenehm werden. Der Fuchs beispielsw­eise spuckt den vermeintli­chen Leckerbiss­en sofort wieder aus“, sagt Schulze.

Wenn sie nicht überfahren oder ihrer Heimat beraubt wird, kann die Erdkröte bis zu zwölf Jahre überleben. Auf jeden Fall ist sie ein wichtiger Baustein im Ökokreisla­uf, um dessen Erhalt sich ihre Fans intensiv bemühen.

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FOTO: OG Entlang der Alten Schulstraß­e in Langenfeld-Reusrath haben Naturschüt­zer Krötenzäun­e angebracht.
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FOTO: RALPH MATZERATH Das Gelände an der Alten Schulstraß­e in Reusrath soll bebaut werden. Doch was passiert mit den Kröten?

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