Drogenberatung sieht Licht und Schatten
Nach der Cannabis-Freigabe: Auf der einen Seite offener mit Eltern ins Gespräch kommen, auf der anderen Seite junge Problemkonsumenten schwerer erreichen – das ist das, was die Experten der Awo im Kreis Mettmann sich erhoffen und befürchten.
Die Suchtberatung der Awo im Kreis Mettmann befürchtet, junge Problem-Konsumenten nach der Cannabis-Legalisierung zum 1. April weniger gut zu erreichen als bislang. „Auf der anderen Seite besteht durch eine Entstigmatisierung des Konsums für die Betroffenen aber auch die Chance, frühzeitiger und offener mit Schule, Eltern oder anderen Bezugspersonen ins Gespräch zu kommen und Hilfe in Anspruch zu nehmen“, erklärte Svenja WeidauerIhln, Pressesprecherin der Awo Kreis Mettmann, auf RP-Anfrage.
Nach der Cannabis-Freigabe, die die Ampelkoalition in Berlin gegen Widerstände von Bundestags-Opposition, Ärzten und Jugendschützern, aber auch von Sozialdemokraten in einzelnen Bundesländern durchgesetzt hat, ist Erwachsenen das Kiffen jetzt weitgehend erlaubt. Die Regelungen sehen vor, dass sie Cannabis über nicht-kommerzielle Anbauvereinigungen beziehen. Besitz (bis zu 25 Gramm unterwegs und 50 Gramm daheim) und Konsum für Erwachsene sind straffrei.
Für Minderjährige bleiben Erwerb, Besitz und Anbau von Cannabis verboten, werden aber nicht strafrechtlich verfolgt. Die Weitergabe von Cannabis an Minderjährige bleibt strafbar. Werden Jugendliche mit Cannabis erwischt, muss die Polizei die Eltern informieren und in schwierigen Fällen die Jugendämter
einschalten. Minderjährigen Cannabis-Konsumenten soll die Teilnahme an Interventions- und Präventionsprogrammen angeboten werden.
Rund um Schulen, Kitas, Spielplätze und öffentliche Sportstätten ist der Cannabis-Konsum in einem Radius von 100 Metern verboten. In Fußgängerzonen darf laut Gesetz zwischen 7 und 20 Uhr nicht gekifft werden.
„Wir als Suchtberatung sind gespannt, wie sich die Gesetzesänderung auf unsere tägliche Arbeit, insbesondere den Bereich der Prävention und Frühintervention, auswirken wird“, sagt Awo-Sprecherin Weidauer-Ihln. Aktuell sei es noch so, dass vor allem junge Kiffer „häufig auf richterliche Anweisung mit einer Beratungsauflage in die Beratungsstellen kommen“. So würden jungen Problemkonsumenten für die Drogenberater „frühzeitiger
sichtbar und erreichbarer“, so Weidauer-Ihln. „Durch die Gesetzesänderung könnte diese Zielgruppe für unsere Beratung schwerer zu erreichen sein.“Präventions- und
Aufklärungsangebote müssten jetzt weiter ausgebaut werden, unterstreicht die Awo-Sprecherin.
Die Drogenexperten der Awo verschließen sich jedoch auch nicht der Argumentation der Befürworter der Legalisierung, wonach diese den Schwarzmarkt „austrocknen“und vor allem den Handel mit „gestrecktem“und daher besonders gesundheitsgefährdendem Cannabis eindämmen soll. Für die Substanz würden in der Forschung sowohl spezifische hirnorganische Risiken beschrieben, aber auch positive Effekte erforscht, so Weidauer-Ihln. „Die Ergebnisse sind teilweise jedoch widersprüchlich, da zum Beispiel genetische Vorbelastung und Alter der Konsumierenden unterschiedlich Einfluss auf die Risikofaktoren nehmen.“
Für die illegalen Rauschmittel sind laut Awo Folgeerkrankungen auf Grund der Beimischungen etwa von Streckmitteln zu beobachten: „Eine regulierte Abgabe von Cannabis sorgt in diesem Fall für eine Kontrolle des THC-Gehaltes sowie der Reinheit des Produktes und kann somit gesundheitliche Risiken senken“, erklärt Sprecherin Weidauer-Ihln.
Die Ursache des übermäßigen Konsums von Rauschmitteln sei individuell durch genetische, psychische und soziale Faktoren begründet. Die Risiken des Konsums von Cannabis würden in der Wissenschaft unterschiedlich hoch eingeschätzt. „Einigkeit besteht aber darin, dass Konsumierende von THC-haltigen Produkten derzeit ein zusätzliches gesundheitliches Risiko eingehen, da der Erwerb nur auf dem Schwarzmarkt möglich ist. Ebenso birgt der Mischkonsum von Cannabis und Tabak aufgrund unterschiedlicher Wirksamkeit im Körper hohe Gesundheitsrisiken.“