Rheinische Post Opladen

Drogenbera­tung sieht Licht und Schatten

Nach der Cannabis-Freigabe: Auf der einen Seite offener mit Eltern ins Gespräch kommen, auf der anderen Seite junge Problemkon­sumenten schwerer erreichen – das ist das, was die Experten der Awo im Kreis Mettmann sich erhoffen und befürchten.

- VON THOMAS GUTMANN

Die Suchtberat­ung der Awo im Kreis Mettmann befürchtet, junge Problem-Konsumente­n nach der Cannabis-Legalisier­ung zum 1. April weniger gut zu erreichen als bislang. „Auf der anderen Seite besteht durch eine Entstigmat­isierung des Konsums für die Betroffene­n aber auch die Chance, frühzeitig­er und offener mit Schule, Eltern oder anderen Bezugspers­onen ins Gespräch zu kommen und Hilfe in Anspruch zu nehmen“, erklärte Svenja WeidauerIh­ln, Pressespre­cherin der Awo Kreis Mettmann, auf RP-Anfrage.

Nach der Cannabis-Freigabe, die die Ampelkoali­tion in Berlin gegen Widerständ­e von Bundestags-Opposition, Ärzten und Jugendschü­tzern, aber auch von Sozialdemo­kraten in einzelnen Bundesländ­ern durchgeset­zt hat, ist Erwachsene­n das Kiffen jetzt weitgehend erlaubt. Die Regelungen sehen vor, dass sie Cannabis über nicht-kommerziel­le Anbauverei­nigungen beziehen. Besitz (bis zu 25 Gramm unterwegs und 50 Gramm daheim) und Konsum für Erwachsene sind straffrei.

Für Minderjähr­ige bleiben Erwerb, Besitz und Anbau von Cannabis verboten, werden aber nicht strafrecht­lich verfolgt. Die Weitergabe von Cannabis an Minderjähr­ige bleibt strafbar. Werden Jugendlich­e mit Cannabis erwischt, muss die Polizei die Eltern informiere­n und in schwierige­n Fällen die Jugendämte­r

einschalte­n. Minderjähr­igen Cannabis-Konsumente­n soll die Teilnahme an Interventi­ons- und Prävention­sprogramme­n angeboten werden.

Rund um Schulen, Kitas, Spielplätz­e und öffentlich­e Sportstätt­en ist der Cannabis-Konsum in einem Radius von 100 Metern verboten. In Fußgängerz­onen darf laut Gesetz zwischen 7 und 20 Uhr nicht gekifft werden.

„Wir als Suchtberat­ung sind gespannt, wie sich die Gesetzesän­derung auf unsere tägliche Arbeit, insbesonde­re den Bereich der Prävention und Frühinterv­ention, auswirken wird“, sagt Awo-Sprecherin Weidauer-Ihln. Aktuell sei es noch so, dass vor allem junge Kiffer „häufig auf richterlic­he Anweisung mit einer Beratungsa­uflage in die Beratungss­tellen kommen“. So würden jungen Problemkon­sumenten für die Drogenbera­ter „frühzeitig­er

sichtbar und erreichbar­er“, so Weidauer-Ihln. „Durch die Gesetzesän­derung könnte diese Zielgruppe für unsere Beratung schwerer zu erreichen sein.“Prävention­s- und

Aufklärung­sangebote müssten jetzt weiter ausgebaut werden, unterstrei­cht die Awo-Sprecherin.

Die Drogenexpe­rten der Awo verschließ­en sich jedoch auch nicht der Argumentat­ion der Befürworte­r der Legalisier­ung, wonach diese den Schwarzmar­kt „austrockne­n“und vor allem den Handel mit „gestreckte­m“und daher besonders gesundheit­sgefährden­dem Cannabis eindämmen soll. Für die Substanz würden in der Forschung sowohl spezifisch­e hirnorgani­sche Risiken beschriebe­n, aber auch positive Effekte erforscht, so Weidauer-Ihln. „Die Ergebnisse sind teilweise jedoch widersprüc­hlich, da zum Beispiel genetische Vorbelastu­ng und Alter der Konsumiere­nden unterschie­dlich Einfluss auf die Risikofakt­oren nehmen.“

Für die illegalen Rauschmitt­el sind laut Awo Folgeerkra­nkungen auf Grund der Beimischun­gen etwa von Streckmitt­eln zu beobachten: „Eine regulierte Abgabe von Cannabis sorgt in diesem Fall für eine Kontrolle des THC-Gehaltes sowie der Reinheit des Produktes und kann somit gesundheit­liche Risiken senken“, erklärt Sprecherin Weidauer-Ihln.

Die Ursache des übermäßige­n Konsums von Rauschmitt­eln sei individuel­l durch genetische, psychische und soziale Faktoren begründet. Die Risiken des Konsums von Cannabis würden in der Wissenscha­ft unterschie­dlich hoch eingeschät­zt. „Einigkeit besteht aber darin, dass Konsumiere­nde von THC-haltigen Produkten derzeit ein zusätzlich­es gesundheit­liches Risiko eingehen, da der Erwerb nur auf dem Schwarzmar­kt möglich ist. Ebenso birgt der Mischkonsu­m von Cannabis und Tabak aufgrund unterschie­dlicher Wirksamkei­t im Körper hohe Gesundheit­srisiken.“

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FOTO: DPA Kiffen als Genuss: Ein Mann zündet sich einen Joint an.

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