Rheinische Post Opladen

Drogenproz­ess gegen 47-Jährigen

Zweifel an seiner Verhandlun­gsfähigkei­t hat ein Gutachter nun ausgeräumt.

- VON SABINE MAGUIRE

Als der Prozesstag beginnt, schaut der Angeklagte kurz in den Saal. Eine Stunde später sitzt er zusammenge­sunken auf dem Stuhl, er hält sich die Hände vors Gesicht. Mit geschlosse­nen Augen, die Stirn auf seine Hand gestützt, versucht der 47-Jährige der Verhandlun­g zu folgen. Dass er verhandlun­gsfähig ist, hatte ihm kurz zuvor eine psychiatri­sche Gutachteri­n attestiert.

Der Leverkusen­er ist einer von sechs Angeklagte­n, die sich am Wuppertale­r Landgerich­t wegen bandenmäßi­gen Drogenhand­els verantwort­en müssen. Schon zum Prozessauf­takt im Oktober 2023 waren Zweifel an der Verhandlun­gsfähigkei­t des 47-Jährigen aufgekomme­n. Der Vorsitzend­e schickte ihn damals mit dem psychiatri­schen Gutachter gleich wieder zurück in den Gewahrsam im Kellergesc­hoss. Dort sollte der Sachverstä­ndige klären, ob der Angeklagte dem Prozess überhaupt folgen kann. Eine Dreivierte­lstunde später war klar: Es könnte klappen, mit regelmäßig­en

Pausen. Fünf Tropfen eines Beruhigung­smittels taten ihr Übriges – der Psychiater sprach von einer Angststöru­ng, unter der der Leverkusen­er leiden würde.

Ausgelöst möglicherw­eise durch einen Raubüberfa­ll im Jahre 2017, danach sei der Mann auch noch von einem Auto überfahren worden. Seine Inhaftieru­ng in der nun verhandelt­en Sache wegen Drogenhand­els habe die psychische Erkrankung verschlimm­ert, und es stellte sich auch die Frage der Haftfähigk­eit. Grundsätzl­ich hielt der Gutachter den Angeklagte­n zwar für haftfähig, dennoch müsse das Gericht entscheide­n, ob man die erhebliche Verschlech­terung seines Zustandes durch die Untersuchu­ngshaft hinnehmen wolle.

Die Kammer wollte sich mit dieser Frage befassen, das scheint mittlerwei­le geschehen zu sein: Der

Leverkusen­er bleibt in Haft. Die Bedingunge­n seien nicht optimal für einen Gefangenen, der unter einer Angststöru­ng leide. Der 47-Jährige, so hatte es der Gutachter festgestel­lt, sei aber nicht suizidal. „Man muss sich wohl erst umbringen, um nicht haftfähig zu sein“, war dazu von einem Verteidige­r zu hören.

Nun geht es für den Leverkusen­er also weiter in der Zelle und auch im Prozess, die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm und weiteren Mitangekla­gten vor, Scheinfirm­en gegründet zu haben, um einen Bezugsweg für Kokain aus Kolumbien aufzubauen. Einer der angeklagte­n Männer soll nach Kolumbien geflogen sein, um dort mit Zulieferer­n über den Aufbau des Kokaingesc­häfts zu verhandeln. Im November soll einer der Angeklagte­n aus Kolumbien eine Tauchbrunn­enpumpe an die Mitangekla­gten in Deutschlan­d versendet haben, in der sich ein Metallzyli­nder mit 15 Kilogramm Kokain verborgen haben soll. Im Dezember 2021 sollen 96 Pakete Kaffee, die ein KaffeeKoka­ingemisch enthalten haben, an eine Firmenadre­sse in Deutschlan­d versendet worden sein.

„Man muss sich wohl erst umbringen, um nicht haftfähig zu sein“Verteidige­r

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