Dieses Duo moderierte das Meisterspiel
Sprachlos kennen die Fußballfans Petra Dahl und Tobias Ufer nicht. Warum es beim Meisterschaftsspiel doch einen Moment ruhig am Mikro blieb, und wo die beiden helfen mussten, erzählen die Stadionsprecher von Bayer 04 kurz nach dem Titelgewinn.
Eigentlich taucht Bayer-Stadionsprecher Tobias Ufer nach Toren für die Mannschaft von Xabi Alonso gern voll in die Emotionen, die von den Rängen auf den Rasen gelangen, ein, und wirft sie dem Stadion dann stimmlich wieder entgegen. Doch als Spielmacher Florian Wirtz den Ball im Eins-gegen-einsDuell mit Bremen-Keeper Michael Zetterer im Stil eines Jahrhunderttalents zum 4:0 versenkte, blieb sein Mikrofon erstmals nach einem Treffer von Bayer 04 stumm. Weil die LED-Werbebanden unter dem Torjubel der bereits im Innenraum feiernden Fans schon eingeknickt waren und vereinzelt Anhänger gut zehn Minuten vor Abpfiff das Spielfeld stürmten, entschied sich Ufer, nicht weiter Öl in das bereits lodernde emotionale Feuer zu gießen. Währenddessen versuchte Kollegin Petra Dahl über Durchsagen, die aufgescheuchte Menge zu beruhigen – zunächst erfolgreich, dann vergeblich.
Die Szenen kurz vor und nach dem Ende der Partie, die Bayer 04 erstmalig in der Vereinsgeschichte zum Deutschen Meister machte, wird das Duo nie vergessen und haben sich darüber hinaus in das kollektive Gedächtnis der Stadt eingebrannt. „Es war nach dem Elfmeter zum 1:0 natürlich schnell klar, wohin sich das Spiel entwickeln würde“, sagt Ufer mit etwas zeitlichem Abstand zu dem Geschehen am Sonntag, „doch ich habe mich gefragt, wieso die Mannschaft später kein ‚Rasenschach‘ spielt und das Spiel beruhigt – aber ich glaube, das liegt einfach nicht in der DNA dieser Truppe.“So entschied sich der 46-Jährige,
die Szenerie durch seine eigentlich routinierte Tor-Ansage nicht noch weiter positiv aufzuheizen – ein Novum in all seinen Jahren. Dahl erlebte das Chaos derweil von der Tribüne, versuchte mit ihren Durchsagen die Fans einzufangen. „Natürlich haben auch die Spieler perfekt reagiert“, lobt sie, deren Bitten nach dem 5:0 jedoch nicht mehr zur feiernden Fanschar durchdrang.
Dahl gründete 1993 den Fanclub „Joot Jeföhl“mit, hopst und springt während Spielen nach eigener Aussage auf ihrem Platz aufgeregt hin und her. Für große Gefühle war nach dem Schlusspfiff für sie allerdings keine Zeit. Mit Unternehmensschutz und Polizei hielt sie Ausschau nach etwaigen Problemen auf dem Rasen.
Und auch Ufer, dessen Liebe zum Klub Mitte der 90er-Jahre erblühte, griff nur kurz zum Mikrofon, bestätigte
den Pfiff des Unparteiischen Harm Osmers und half dann schnell den Ordnern dabei, den Spielertunnel freizuhalten, und den Spielern, in die Katakomben zu gelangen. „Ich hatte erstmal wenig zu feiern“, berichtet er mit einem Schmunzeln auf den Lippen.
Zwar genossen einige Akteure das Bad in der Menge sichtlich, anderen war der Trubel um ihre Person jedoch nicht ganz geheuer. Klar war nur, dass die Meister-Mannschaft auf den mit Fans gepflasterten Rasen nicht würde zurückkehren können, erzählt Ufer, der die feiernde Auswahl deshalb später auf den Balkon einer VIP-Loge im Süden der Arena begleitete. „Ich fand das die absolut richtige Entscheidung“, betont er. Nass, feucht und eng sei es dort auf dem kleinen Balkon gewesen. „Am Anfang wollten gar nicht so viele Spieler etwas sagen, ich habe mich natürlich umgesehen“, erzählt er, „sie wollten das erstmal aufsaugen.“Mannschaft und Fans trieben die schüchternen Akteure dann aber doch zu ein paar Worten. „Das war so schön, dass wir in diesem Moment dabei sein konnten“, schwärmt Dahl, deren Mikrofon zeitweise fast gänzlich in den Besitz von Jeremie Frimpong überging. „Das werde ich nie vergessen, und das ist auch noch nicht so ganz angekommen“, gibt sie zu.
Auch das eigentlich so eingespielte und abgeklärte Duo trägt diese Stunden auf ewig in den Herzen. Dabei ist Dahl bereits seit 2009 dabei, und Ufer beerbte Vorgänger Klaus Schenkmann 2017. Beide eint, dass sie irgendwie in die Aufgabe hineingestolpert sind. Dahl war bereits neun Jahre bei Bayer 04 beschäftigt, wurde dann ohne Vorerfahrung durch den damaligen Marketingchef Meinolf Sprink zu dem Job überredet – auch wenn dafür nicht viel Arbeit nötig war. „Ich habe mich natürlich irre gefreut, dass mir das zugetraut wurde“, sagt die 53-Jährige heute. Ufer wiederum stand zu Beginn der Spielzeit 17/18 als männlicher Part des Duetts fest; weil Schenkmann am 33. Spieltag der Vorsaison jedoch kurzfristig ausfiel, musste Ufer schon früher ran – ausgerechnet in einem Derby-Duell mit dem 1. FC Köln, in dem Bayer um den Klassenerhalt spielte. „Ich hatte wenig Zeit, mich emotional darauf vorzubereiten“, erinnert er sich, „da war ich echt nervös.“
Mittlerweile ist bei beiden die ganz große Aufregung längst gewichen und die Liebe zu Bayer 04 noch größer geworden.