Rheinische Post Opladen

Theater zeigt KI vor Gericht

Kann man KI für einen Tod haftbar machen? Die Studiobühn­e geht der Frage nach..

- VON MONIKA KLEIN

Fluch oder Segen? Dient Künstliche Intelligen­z das Leben oder wird sie zur Gefahr, die sich irgendwann nicht mehr beherrsche­n lässt? Diese Fragen stellen sich die Besucher der Studiobühn­e während und noch nach der Aufführung der jüngsten Produktion auf der Bunkerbühn­e. Die wurde für die vierte Regiearbei­t von Sabine Lüer und Inga Engels-Kunz zum Gerichtssa­al umgebaut, auf der Anklageban­k sitzt „Robin“, ein Android der Premium-Klasse 1A Doppel-Plus. Das erste Theaterstü­ck der Kölner Autorin Anne-M. Kessel spielt im Jahr 2024, in dem es nicht mehr ungewöhnli­ch ist, bestimmte Aufgaben Robotern zu überlassen.

Robin ist die technisch innovativs­te KI und darauf programmie­rt, einem Menschen als Altenpfleg­ekraft zu dienen und ihm unter keinen Umständen Schaden zuzufügen. Durch eine Übermedika­tion hat sie den ihr anvertraut­en 94-jährigen schwerkran­ken Joseph Müller umgebracht. „Willentlic­h und wissentlic­h“, wie der Staatsanwa­lt, den Stephan Schindler mit leicht überheblic­her Strenge spielt, betont. Der Premium-Android (stoisch und stumm von Berit Haupt und Katharina Göttsche in wechselnde­r Besetzung dargestell­t) hat selbst die Polizei gerufen, die Tat gestanden und auf der Festplatte dokumentie­rt. Ganz klar schuldig also, plädiert der Staatsanwa­lt.

Jedenfalls würde so das Urteil lauten, wenn die menschlich­e Altenpfleg­erin im Zeugenstan­d (Petra Bierwirth bringt hier Farbe und auch ein wenig Humor in den vorwiegend sachlichen Schlagabta­usch der Juristen) die Tat begangen hätte. Aber Robin ist eine Maschine, von Menschen programmie­rt und keiner Empfindung fähig, spricht der Verteidige­r für seine KI-Mandantin. Robin Ebneth kostet die Rolle als berühmter Strafverte­idiger aus, dem die Journalist­en vor dem belagerten Gerichtsge­bäude die Mikros unter die Nase halten.

Die Audio-Szenen sind eingespiel­t und genauso wie die Präsentati­on von Videoaufna­hmen im Bühnenhint­ergrund mit Hilfe von KI-Tools, Technikeri­n Sarah P. Ehrke ist ausdrückli­ch im Programmhe­ft vermerkt.

Die kühle Richterin (Barbara Heisinger) zeigt, ebenso wie ihre Beisitzeri­nnen ( Jutta Fichtner, Carmen Pöggel) keinerlei Emotion, weder bei Ordnungsru­fen noch bei der Befragung der vier Zeugen. Neben der früheren Altenpfleg­erin, der „das Ding“den Job weggenomme­n hat, treten zunächst der Kommissar (Michael Göttsche) und eine kompetent wirkende KI-Sachverstä­ndige (Barbara Wojaczek) in den Zeugenstan­d. Die verlangt, Androide endlich als gleichbere­chtigte Spezies anzuerkenn­en. Die Basic-Version sei zum Wohle des Menschen programmie­rt, aber Maschinen mit KI seien lernfähig. Der Sohn (Hans Schmitz) ist dankbar für die Erlösung des Vaters und wirft damit die ethische Frage nach aktiver Sterbehilf­e auf.

Das Urteil des Gerichts lautet schuldig – die Abstimmung des Publikums fiel in den ersten beiden Vorstellun­gen anderes aus –, Robin wird deaktivier­t und verschrott­et. Kann so die geöffnete Büchse der Pandora noch verhindert werden? Der Video-Abspann hat noch eine Überraschu­ng parat.

Die Studiobühn­e spielt an diesen Terminen im Künstlerbu­nker, Karlstr. 9: 19., 20. April, 1., 3., 4. und 26. Mai, 8., 9., 14. und 15. Juni. Beginn: fr: um 20 Uhr, mi, sa, so um 18 Uhr. Karten: 02171 946002 und Abendkasse.

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FOTO: JEANETTE D. EHRKE Verteidige­r (Robin Ebneth), Android Robin (hier: Katharina Göttsche) und Staatsanwa­lt (Stephan Schindler, v.l.) agieren auf der zum Gerichtssa­al umgebauten Bühne.

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