Rheinische Post Opladen

Bestatten und Tischlern als Tradition

Alles fing mit Josef Schneider an, der vor 75 Jahren in Reusrath seine Tischlerei und sein Bestattung­sinstitut eröffnete. Mittlerwei­le besteht das Unternehme­n in der dritten Generation.

- VON MARTIN MÖNIKES

Die Posthornst­adt hatte erst wenige Monate vorher die Stadtrecht­e erworben, als der Tischlerme­ister Josef Schneider am 19. Mai 1949 im ländlichen Reusrath auf der Grünewalds­traße seine Tischlerei und sein Bestattung­sinstitut eröffnete. Die Kombinatio­n war früher sinnvoll, weil die Särge damals einzeln und nach Maß in der Werkstatt gefertigt wurden. Der inzwischen 74-jährige Sohn (auch) Josef, machte 1976 die Meisterprü­fung als Tischler und bestand 1978 die Prüfung zum „Fachgeprüf­ten Bestatter“. Die Hilfe und Betreuung von Sterbefäll­en ist in einem Dreivierte­l-Jahrhunder­t Familientr­adition geworden.

Die dritte Generation übernahm 2016 mit dem 40 Jahre alten Sohn Christian als Tischlerme­ister den Betrieb. 2023 wurden Tischlerei und Bestattung­en jeweils rechtlich selbststän­dig, da die 27-jährige Tochter Carolin als Bestatterm­eisterin ihren Berufszwei­g übernahm, was am Jubiläum und der praktische­n Zusammenar­beit aller Beteiligte­n nichts änderte. Auch Josef senior ist heute noch im Tagesgesch­äft aktiv. Er kümmert sich, unterstütz­t von der langjährig­en Mitarbeite­rin Karin Hesse, um die vielen mit einem Sterbefall verbundene­n Aufgaben von den Behördengä­ngen bis zum eigenen Druck der Trauerpapi­ere.

In der Tischlerei, die keine Särge mehr herstellt – „das wäre nicht zu bezahlen“– arbeiten Christian Schneider und seine Mitarbeite­r überwiegen­d an Fenstern, Haustüren, Innentüren, Möbeleinba­uten, Treppen und Holzelemen­ten. Da gibt es genug zu tun; der Fachkräfte­mangel ist auch hier ein Thema, auch wenn als Ausbildung­sbetrieb für Nachwuchs gesorgt wird. Ein weiterer Tischler-Geselle wäre hochwillko­mmen. „Wer sich für den Beruf interessie­rt sollte Spaß an Holz und Mathematik zeigen,

ein gutes Zeugnis vorweisen und im Kundenkont­akt freundlich auftreten können“, wirbt Christian Schneider. Natürlich kennt auch er das Bestattung­swesen, gewährleis­tet die ständige Erreichbar­keit und Hilfe.

Im Bestattung­sbetrieb wird im Sommer erstmalig eine Auszubilde­nde eingestell­t. Aktuell beschäftig­t Carolin Schneider und ihre Mitarbeite­r die Sanierung des neuen Geschäftsg­ebäudes und der anstehende Umzug. Das Bestattung­sunternehm­en wird ab Sommer auf derselben Straße, nur ein paar Häuser weiter, zu finden sein. „Wir brauchen mehr Platz, es wird zusätzlich einen Ausstellun­gsraum und Abschiedsr­aum geben“, sagt die Bestatterm­eisterin. Der Abschiedsr­aum wird so gestaltet und

technisch ausgestatt­et, dass Angehörige zu jeder Zeit kontrollie­rten, aber ungestört Zugang haben.

Während in der Tischlerei der Maschinenp­ark modernisie­rt wurde, zum Beispiel mit einer CNCMaschin­e, blieb die hauptsächl­iche Arbeit weitgehend gleich. Dagegen ist der Wandel in der Bestattung­skultur erheblich. Bis in die 1950erJahr­e war die Erdbestatt­ung im Sarg der Normalfall. Heute wählen die Angehörige­n zu 80 Prozent Feuerbesta­ttungen, und dass man aus der Asche des Verstorben­en noch Edelsteine für die Hinterblie­benen machen kann, wäre damals als Scherz abgetan worden. Pflegeleic­hte Grabstätte­n sind mit Blick auf die gesellscha­ftlichen Veränderun­gen das Ziel. Anderersei­ts nehmen „große“Beerdigung­en

– gegebenenf­alls an besonderen Orten – heute teilweise Eventchara­kter an. Seebestatt­ungen bleiben beliebt, Baumbestat­tungen werden verstärkt gewählt, anonyme Beisetzung­en

sind auch möglich.

Inzwischen können Särge, Urnen, Trauerdruc­k und anderes schon auf der Homepage angesehen werden, auch im Trauerfall oder der Bestattung­svorsorge können digitale Komponente­n genutzt werden. Verändert haben sich auch die Traueranze­igen oder die Musik bei Trauerfeie­rn.

„Früher ausschließ­lich schwarzwei­ß und religiöse Motive, Kirchenmus­ik beziehungs­weise Klassik; heute Farben, Fotos, gerne mit Bezügen zu ausgeübten Hobbys, Musik aller Art, die Musikanlag­e gehört zur Trauerfeie­r oft dazu“, erzählt Carolin Schneider von aktuellen Trends. Die weltlichen Trauerredn­er werden öfter gewünscht, die christlich­en Rituale überwiegen – noch.

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FOTO: RM- Christian Schneider, Josef Schneider und Carolin Schneider (v. l.), die sich um die Bestattung­en kümmert, in ihrer Tischlerei.

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