Vier Ehrenbürger – Vorschlag wackelt
Mit seinem Vorschlag, gleich vier Verantwortliche von Bayer 04 zu Ehrenbürgern der Stadt zu ernennen, hat Oberbürgermeister Uwe Richrath für Schlagzeilen gesorgt. Im Stadtrat mehren sich Zweifel. Die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit ist ungewiss.
Im Umfeld des Rathauses laufen derzeit die Handys heiß. Grund ist der öffentliche Vorschlag von Oberbürgermeister Uwe Richrath, gleich vier Verantwortliche von Bayer 04 Leverkusen (Xabi Alonso, Simon Rolfes, Fernando Carro und Werner Wenning) zu Ehrenbürgern der Stadt zu ernennen. Dazu wäre ein Beschluss des Stadtrats mit Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Die ausformulierte Vorlage der Stadtverwaltung liegt vor. Der Rat kommt am 6. Mai zur turnusgemäßen Sitzung zusammen. Ob ein solcher Beschluss aber tatsächlich zustande kommt, erscheint zunehmend unwahrscheinlicher. Hinter den Kulissen wird überlegt, wie man „die Kuh vom Eis bekommt“. Die Peinlichkeit einer Ablehnung des Antrags des Oberbürgermeisters wäre groß.
Viele Telefonate führt derzeit CDU-Fraktionschef Stefan Hebbel. Die Frage der Ehrenbürgerschaft werde in seiner Fraktion „sehr kontrovers diskutiert“, sagt er. An diesem Mittwoch, 24. April, ist Fraktionssitzung. Dann gilt es, Farbe zu bekennen. „Wir wurden vom Vorschlag des Oberbürgermeisters kurzfristig überrascht“, sagt Hebbel. „Vor allem auch durch seine offensive Öffentlichkeit, die suggeriert, der Ratsbeschluss sei nur eine Formsache.“
Laut einem Insider wären viele Ratsmitglieder mit einem Ehrenbürger Xabi Alonso durchaus einverstanden, sie stören sich jedoch an einem „inflationären Umgang“mit der Ehrenbürgerschaft, würden gleich vier Bayer-04-Verantwortliche ernannt. Das unabgestimmte Vorgehen des OB sähen selbst Genossen kritisch, weil es als frühes Wahlkampfmanöver bewertet werden
könnte. Eine im Stadtrat verbreitete Meinung sei, die vernünftigste Lösung wäre, der OB nehme seinen Vorschlag zugunsten eines fraktionsübergreifenden Vorschlags zurück. Für Kopfschütteln auch in den eigenen Reihen hatte ein offenbar unabgestimmter Vorstoß von Bürgermeister Bernhard Marewski (CDU) gesorgt. Er hatte mit Mannschaftskapitän Lukas Hradecky einen fünften Ehrenbürger vorgeschlagen. Hradecky ist finnischer Nationaltorwart, Marewski ist Vorsitzender der Deutsch-Finnischen Gesellschaft Leverkusen.
„Es ist nicht gut, wenn sich Politiker bei Fans Lieb Kind machen“, sagt die Fraktionschefin der Grünen, Claudia Wiese. „Das haben die Fans nicht nötig.“Die Tendenz zu Richraths Vorschlag in der Faktion sei „sehr kritisch. „Wir hören viele Nachrichten von Bürgern, die sagen: bloß nicht.“Gleich vier Ehrenbürger
seien nicht angemessen angesichts der bisher geringen Zahl von Ehrenbürgern. Eine abschließende Entscheidung der Fraktion der Grünen stehe aber noch aus.
Ähnlich hatte sich auch die Fraktionschefin
der SPD, Milanie Kreuz geäußert: „Die Stadt hat bisher ganz wenige davon. Nun sollen es gleich vier werden.“Alonso stehe außer Frage, für die anderen, die selbstverständlich auch geehrt werden sollten, könne sie sich auch eine andere Art der Ehrung vorstellen.
In der Ratsvorlage listet Richrath akribisch die bisher schon erreichten Verdienste und Rekorde der aktuellen Mannschaft auf, ebenso die Lebensleistungen der zu Ehrenden. „Werner Wenning, Fernando Carro de Prada, Simon Rolfes und Xabier Alonso Olano haben sich durch ihre Mitverantwortung für den Erfolg der Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH in herausragender Weise um Leverkusen verdient gemacht“, heißt es weiter. „Ihnen gebührt dafür die besondere Anerkennung der Stadt Leverkusen. Dies soll durch die Verleihung des Ehrenbürgerrechts der Stadt Leverkusen zum Ausdruck gebracht
werden.“
Tatsächlich war die Stadt bisher sehr sparsam mit Ehrenbürgerschaften. Neben der 1923 noch von Wiesdorf an den Unternehmer und Geheimrat Carl Duisberg verliehenen Ehrenbürgerwürde steht nur Menachem Ariav, auf der Liste. Der Bürgermeister von Nazareth-Illit (heute heißt die Stadt Nof HaGalil) und Initiator der Städtepartnerschaft mit der israelischen Stadt war 1999 ausgezeichnet worden und ist inzwischen verstorben. 1933 war Reichsarbeitsführer Robert Ley zum Ehrenbürger ernannt worden. Der vor dem Nürnberger Militärgerichtshof als Hauptkriegsverbrecher angeklagte Nationalsozialist richtete sich vor Prozessbeginn selbst. 1945 wurde ihm die Würde aberkannt.
Zum Vergleich: Die Nachbarstadt Köln hat 22 Ehrenbürger, Düsseldorf sogar 29.