Obstbaumblüte trotzt Kälteeinbruch
Zitterpartie für die Obstbauern – in den vergangenen Nächten sanken die Temperaturen gefährlich gegen Null.
Als der Winter vor einigen Tagen nach Deutschland zurückkam, wanderten die Blicke der Obstbauern in Leichlingen und Leverkusen zum Thermometer. Nach dem viel zu warmen März hatte die Vegetationsperiode schon begonnen, und danach noch auftretende Minusgrade könnten den empfindlichen Knospen und Blüten schaden. Harter Nachtfrost für ein paar Tage und die Ernte wäre in Gefahr. Ist sie’s? „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt Britta Appenrodt vom Obsthof Appenrodt in Leichlingen.
In der kältesten Nacht habe sie auf das Thermometer vor ihrem Küchenfenster geschaut und zwei Grad Celsius abgelesen. „Man sagt, dass die Grenze ungefähr bei minus drei Grad liegt“, berichtet Tim Nies von der Bergischen Bauernscheune. Erst wenn es für längere Zeit so kalt oder kälter bleibe, würden Blüten und Fruchtstände schaden nehmen. Nies baut wie viele Landwirte in der Region vor allem Äpfel an. „Sie machen etwa 80 Prozent unserer sechs Hektar Anbaufläche aus, 15 Prozent sind Birnen und der Rest Zwetschgen“, sagt er.
Auf seinem Feld seien die Obstbäume noch in der Blüte. Wann die Blüte vorbei ist und die Fruchtkörper beginnen, sich zu entwickeln, kann von Hof zu Hof variieren, je nach Mikroklima. „Blüten sind kälteempfindlicher als Fruchtstände“, erläutert Nies. Er habe sich zwar Sorgen gemacht, aber weiter auch nichts tun können. „Meine Wetterstation hat den Geist aufgegeben, und eine Befeuchtungsanlage haben wir nicht“. Wenn Frost droht, besprühen einige Landwirte ihre Obstbäume mit Wasser. Dieses soll eine Schutzschicht aus Eis um die Blüten bilden. „Es klingt widersprüchlich, aber das Eis wärmt die Knospen“, hatte der WDR vor einigen Tagen berichtet.
Tim Nies jedenfalls habe die tatsächlichen Temperaturen auf seinen Feldern nicht verfolgen können. Erst jetzt habe er eine Begehung machen können. „Alle Knospen sind in Ordnung, wir haben keine Probleme gehabt“, lautet sein erleichtertes Fazit.
Ähnlich sieht es auf dem Obstgut Morsboich am Schloss in Leverkusen aus. Dort herrscht ein anderes Mikroklima als auf benachbarten Plantagen. „Wir liegen hier eher städtisch und sind durch Bäume und zwei Meter hohe Mauern geschützt“, berichtet Merle Müller. Dadurch seien sie mit allem etwa zehn Tage früher dran: „Die Apfelblüte
endete bei uns schon vor Ostern.“Die örtliche Besonderheit erweist sich jetzt als Glück, weil die empfindlichen Blüten schon vor Beginn der Kältephase von den Fruchtständen
abgelöst wurden.
Die Äpfel seien noch sehr klein, aber zum Beispiel die Aprikosen seien schon größer als eine EuroMünze, berichtet Müller und postet zum Beweis mehrere Fotos auf Instagram. Auch sie betont: „Wir gehen jetzt davon aus, dass wir mit einem blauen Auge davongekommen sind. Weil die Temperaturen gar nicht unter null Grad waren.“Auf dem Obstgut Morsbroich betrage der Apfelanteil etwa 70 Prozent der Fläche.
Wie andere Obstbauern haben sie neben den 30 verschiedenen Apfelsorten auch andere Früchte im Angebot, darunter verschiedene Beeren, Zwetschgen, Renekloden und Mirabellen. „Die Pflaumensorten sind in ihrer Entwicklung so weit wie die Äpfel“, sagt Müller. „Und sie sehen gut aus.“