Eines Meisters nicht würdig
Danke, Bayer 04. Ja, für den Meistertitel in erster Linie. Keine Frage. Aber danke auch fürs Retten aus einer Politposse. Mit dem Verzicht auf die Ehrenbürgerwürde haben Werner Wenning, Fernando Carro, Simon Rolfes und Xabi Alonso ganz elegant einen Schlussstrich gezogen unter eine politische Diskussion, bei der man sich als Außenstehender zwischendurch gefragt hat, ob diese Stadt eigentlich keine anderen Probleme hat als die Frage, ob und wenn ja wie viele Menschen, die sich um die Stadt verdient gemacht haben, gleichzeitig Ehrenbürger werden sollen – besser noch – dürfen.
Das Funktionärs-Quartett des Vereins hat erkannt, was der Lokalpolitik offenbar, zumindest kurzzeitig, versagt blieb: Dieser Titel des Deutschen Meisters ist ein Pfund, mit dem jeder, der daran teilhaben kann, wirtschaften sollte. Während Bayer 04 geschickt den Ball am Rollen hält – nicht nur auf dem Spielfeld, sondern mit großeren Posts für die Fans in den sozialen Medien, mit der Präsentation des neuen Pixi-Büchleins und und und – kommt die Politik, salopp gesagt, nicht aus dem Quark. Vielmehr wäre in der kommenden Stadtratssitzung vermutlich genau das passiert, was in Leverkusen immer passiert: Es wird zerredet, was geht.
Dafür gibt es Beispiele aus jüngerer Vergangenheit, eines wäre etwa die kaputtdiskutierte Zukunft von Schloss Morsbroich vor einigen Jahren, ein anderes die aktuelle Diskussion um die Bierbörse und 5000 Euro Fördergeld aus der Stadtmarketing-Abteilung.
Nun hat Bayer 04 die Politik vor einer (noch) dickeren Blamage und das gerade – endlich mal – so positiv in die Welt strahlende Image der Stadt vor einem schäbigen Fleck bewahrt. Aus Pillendreherstadt unf Vizekusen, aus „Kannst Du einen nicht verknusen, schickste ihn nach Leverkusen“ist Meisterkusen geworden. Eine Stadt, in die renommierte Zeitungen Reporter schicken, um die Atmosphäre aufzusaugen und das Bild, was diese Stadt im Meistertitel-Rausch abgibt, in Worte zu fassen.
Natürlich, ist aus der Politik zu hören, ist das alles ganz toll mit dem Meistertitel, natürlich sollte man diese positive Energie nutzen. Aber in der Leverkusener Politik kommt umgehend ein Aber. Irgendwo findet sich immer ein erhobener Zeigefinger, und sei es nur aus Befindlichkeiten heraus. Bei vielen Themen ist – so sieht es die Demokratie vor – das kritische Einhaken richtig. In diesem Fall von mindestens bundesweiter Imagepflege nicht.