Mit dem Kirchenbau fing alles an
Aus dem einstigen Familienunternehmen ist eine Holding geworden. Andreas Rotterdam leitet es in der vierten Generation und hofft auf einen Nachfolger, der aus der Familie kommt.
Das Lot spielt im Leben von Andreas Rotterdam eine entscheidende Rolle. Es ist im Bauhandwerk unverzichtbar, um etwa Gemauertes auf akkurate Linienführung zu prüfen. Gerade muss es sein. So wie Andreas Rotterdam selbst. Er führt in der vierten Generation die Baufirma Rotterdam, die ihren Sitz in Langenfeld hat. Das Unternehmen feiert am 1. Mai sein 125-jähriges Bestehen. „Für das, was meine Vorfahren geschaffen haben, trage ich heute die Verantwortung“, sagt er ganz klar und respektiert damit auch die Familientradition, von der er hofft, dass sie mit ihm nicht endet. „Die nächste Generation bereitet sich vor“, sagt er. „Es wäre schön, wenn sich einer für den Job entscheidet.“Aber keiner muss.
Seit 125 Jahren ist die Familie Rotterdam in Langenfeld und Umgebung aktiv, hat Kirchen, das Krankenhaus und Supermärkte gebaut oder umgebaut. Jetzt feiert das Familien-Unternehmen den Geburtstag mit einer Bootsfahrt auf dem Rhein, zu dem Andreas Rotterdam die Belegschaft und Geschäftsfreunde einlädt.
Andreas Rotterdam, Diplom-Bauingenieur, ist Gesellschafter der Rotterdam Bau Gruppe und blickt auf eine lange Ahnenreihe zurück. Heinrich Rotterdam hat am 1. Mai 1899 die Hochbaufirma Rotterdam gegründet.
Er war als Bauführer des damaligen Baugeschäfts Wilhelm Reuter in Richrath erstmals öffentlich in Erscheinung getreten, als er den Bau der katholischen Kirche mit nur 30 Jahren leitete. Der damalige Pfarrer Boddenberg riet ihm, sich selbstständig zu machen. Sein erster Auftrag war dann auch der Bau einer katholischen Kirche in Wiescheid. Das war sein erster Schritt in die Selbstständigkeit. Vor dem Ersten Weltkrieg entstanden in Langenfeld unter anderem die Immigrather Kirche und das Krankenhaus in
Richrath. „Das St.-Martinus-Krankenhaus war lange Dauerkunde bei uns“, berichtet Andreas Rotterdam von An- und Umbauten und dem Bau des Schwesternheims. „Wir haben uns lange Zeit auch um die Pflege des Heims gekümmert“, berichtet Rotterdam, der immer ein Lot bei sich trägt – hängend, an einer roten Kordel. Das Markenzeichen des Unternehmens findet sich auch auf Publikationen wieder. „Gebaut wird immer noch mit Lot und Schaufel“, erklärt er die Bedeutung. Die Planung könne man digitalisieren. „Aber der Handwerker bewegt noch seine Hände.“
Zum 75-jährigen Bestehen der Baufirma hatte der damalige Bürgermeister Hans Litterscheid die Verdienste hervorgehoben, getrennt nach Baustil. Den Gründerjahren ordnet er die Wiescheider
Kirche zu, dem Bauhaus die Kirche in Berghausen und das alte Rathaus in Monheim. Unter die Kategorie moderne Sachlichkeit fällt bei Litterscheid die katholische Kirche in Richrath. Gebaut hat das Unternehmen auch Schulen in Monheim, die Wilhelm-Würz-Halle in Langenfeld, die Schuhfabrik „ara“, die Vereinigte Verpackungsgellschaft in Monheim und die Rheinische Presshefe (Uniferm). Auch am Wiederaufbau der
St. Gereon Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg war die Familie Rotterdam beteiligt, federführend der Architekt Bernhard Rotterdam, Großonkel von Andreas Rotterdam.
Aktuell sieht Rotterdam sein Unternehmen wie die gesamte Branche in einem schlechten Zyklus. „Wir passen uns an, an das was gerade verlangt wird“, sagt er. Zugute komme der Holding dabei, dass sie nicht spezialisiert sei. „Wir bauen Häuser,
Eigenheime oder Bürogebäude“, sagt der Vorsitzende der Holding, der schon viel Auf und Ab erlebt, und deshalb immer versucht hat, das Risiko für sein Unternehmen zu minimieren.
An der Verantwortung für das Unternehmen hält er fest, auch wenn ihn das seine Freizeit kostet. Vor ein paar Wochen habe ihn die Eigentümerin eines Hauses gerufen, weil ihr Keller nass sei. „Das Haus hatten wir 1959 gebaut“, berichtet Rotterdam. „Ich bin persönlich hingegangen und habe mir die Situation angeschaut“, berichtet er und freut sich über das Vertrauen, das der Firma entgegengebracht wird.
85 Mitarbeiter beschäftigt Rotterdam aktuell. „Es waren mal 150“, blickt er zurück in die 70er Jahre. Rund 60 Millionen Umsatz macht das Unternehmen derzeit.