Musik und Talk auf nacktem Estrich
Die Kulturwerke hatten zu einem unterhaltsamen Abend in den Nordkubus der Kulturraffinerie K 714 eingeladen. In Mantel und Mütze hörten die Gäste im Rohbau Max Mutzke und Tim Mälzer zu.
Es gibt sicher nicht viele Künstler, die darauf erpicht sind, vor unverputzten Wänden auf nacktem Boden in einem zugigen Rohbau aufzutreten. Es sei denn, der Rohbau ist die Kulturraffinerie K714 und Veranstalter sind die Monheimer Kulturwerke. Und der Künstler heißt Max Mutzke, der seit Jahren schon eine besondere Beziehung zu Monheim am Rhein pflegt. Mit seinem Freund, dem Fernsehkoch Tim Mälzer, hatte der Musiker am Donnerstagabend zu einer Mischung aus Konzert und lockerem Talk eingeladen.
Mit 50 Besuchern war das Event in ungewöhnlicher Umgebung ausgebucht. Zum ersten Mal präsentierte sich der Nordkubus der Kulturraffinerie, in dem nach Fertigstellung eine Gastronomie mit Rheinblick entsteht, mit Publikum. In Mantel, Jacke und Mütze, eingehüllt in Decken, verfolgten die gut gestimmten Gäste im Kerzenschein mit dem Weinglas in der Hand das muntere Geplauder auf der Bühne. Letztere war wie ein gemütliches Wohnzimmer hergerichtet. Musikalisch überzeugte die Hauptperson des Abends, Max Mutzke, der sowohl im Pop als auch in Rock, Blues und Jazz zu Hause ist, mit dem Matti Klein Soul Trio.
„Ich freue mich, hier auf nacktem Estrich mit lockeren Kabeln und Gebläse aufzutreten“, versicherte der Künstler: „Das hat man nicht so oft.“Spontan fügte er an, dass er vom Erfolg der Kulturraffinerie überzeugt sei und sich vorstellen könnte, dass in Zukunft viele Künstler – der Auftritte
in benachbarten Großstädten müde – den Weg auf die Bühnen Monheims wählen würden.
Die Kulturwerke mit Martin Witkowski an der Spitze werden es gerne gehört haben. Denn wie immer hatten sie sich größte Mühe gegeben, den Besuchern einen perfekten Abend in einer nicht perfekten Umgebung zu bereiten: ein paar appetitliche kleine Hors d’oeuvre zur Begrüßung, ein Aperol Spritz an der extra aufgebauten Bar, ein hübsch hergerichteter Publikumsraum mitten auf der Baustelle und ausreichend Heizstrahler, die schafften, was jedoch dem Musiker Mutzke fast schon ohne Unterstützung gelang: Herz und Umgebung aufzuheizen. Er sang die Lieblingslieder seines Freundes Tim Mälzer, der ganz ehrlich von den Tops und Flops seines Lebens berichtete. Vom Traum, ein Restaurant in New York zu eröffnen – beispielsweise. (Was
allerdings bis heute nicht gelungen ist). Mutzke begleitete diese Erzählung ganz wunderbar mit dem Song „New York State of Mind“von Billy Joel, beeindruckend unterstützt von Lars Zander am Saxofon. Mälzers Erzählungen
von diversen Lebenskrisen und Einbrüchen („ich habe viel verkackt“) untermalte der Musiker mit einer mitreißenden Interpretation von „I will survive“von Gloria Gaynor. Er toppte seine Cover-Versionen am Donnerstagabend letztlich mit Mälzers Lieblingslied „Creep“von Radiohead.
Tim Mälzer sprach anschaulich über die Kraft von Essen, die ähnlich der von Musik sei, und stellte interessiert umher sehend mit Bedauern fest: „Die Fenster sind ja schon drin, aber leider noch keine Küche.“Trotzdem schaffte er es, den Gästen am Ende des Abends ein warmes Hühnerfrikassee und eine Bolognese zu kredenzen: „Nicht kompliziert zu machen, aber immer lecker und sehr persönlich.“
Mälzer berichtete liebevoll von einem Besuch im Altenheim und seinem Versuch, die in sich gekehrten Alten mit den Gerüchen von Kindheitsgerichten
ins Leben zurück zu holen. Kaum zu glauben, dass das Talent am Herd mal Schlagzeuger bei „Kiss“werden wollte. „Den Musikunterricht musste ich wegen mangelndem Talent abbrechen“, bekannte er grinsend.
Letztlich hatten die beiden Stars auf der Bühne noch eine Menge Lob im Gepäck für das Team der Monheimer Kulturwerke, das mit so viel Man- und Womanpower und vor allem mit Geduld, Lust und Glauben an sein Tun für einen sicheren und warmen Abend auf der Baustelle gesorgt hatten. „Die Halle wird in 100 Jahren noch stehen“, so Mutzke euphorisch. Und der aus Elmshorn nahe Hamburg stammende Tim Mälzer, der Monheim scherzhaft als Pinneberg von Düsseldorf titulierte, stellte der Stadt am Rhein in Sachen Kultur eine große Zukunft als „Hauptstadt“in Deutschand in Aussicht.