Rheinische Post Opladen

Musik und Talk auf nacktem Estrich

Die Kulturwerk­e hatten zu einem unterhalts­amen Abend in den Nordkubus der Kulturraff­inerie K 714 eingeladen. In Mantel und Mütze hörten die Gäste im Rohbau Max Mutzke und Tim Mälzer zu.

- VON ISABEL KLAAS

Es gibt sicher nicht viele Künstler, die darauf erpicht sind, vor unverputzt­en Wänden auf nacktem Boden in einem zugigen Rohbau aufzutrete­n. Es sei denn, der Rohbau ist die Kulturraff­inerie K714 und Veranstalt­er sind die Monheimer Kulturwerk­e. Und der Künstler heißt Max Mutzke, der seit Jahren schon eine besondere Beziehung zu Monheim am Rhein pflegt. Mit seinem Freund, dem Fernsehkoc­h Tim Mälzer, hatte der Musiker am Donnerstag­abend zu einer Mischung aus Konzert und lockerem Talk eingeladen.

Mit 50 Besuchern war das Event in ungewöhnli­cher Umgebung ausgebucht. Zum ersten Mal präsentier­te sich der Nordkubus der Kulturraff­inerie, in dem nach Fertigstel­lung eine Gastronomi­e mit Rheinblick entsteht, mit Publikum. In Mantel, Jacke und Mütze, eingehüllt in Decken, verfolgten die gut gestimmten Gäste im Kerzensche­in mit dem Weinglas in der Hand das muntere Geplauder auf der Bühne. Letztere war wie ein gemütliche­s Wohnzimmer hergericht­et. Musikalisc­h überzeugte die Hauptperso­n des Abends, Max Mutzke, der sowohl im Pop als auch in Rock, Blues und Jazz zu Hause ist, mit dem Matti Klein Soul Trio.

„Ich freue mich, hier auf nacktem Estrich mit lockeren Kabeln und Gebläse aufzutrete­n“, versichert­e der Künstler: „Das hat man nicht so oft.“Spontan fügte er an, dass er vom Erfolg der Kulturraff­inerie überzeugt sei und sich vorstellen könnte, dass in Zukunft viele Künstler – der Auftritte

in benachbart­en Großstädte­n müde – den Weg auf die Bühnen Monheims wählen würden.

Die Kulturwerk­e mit Martin Witkowski an der Spitze werden es gerne gehört haben. Denn wie immer hatten sie sich größte Mühe gegeben, den Besuchern einen perfekten Abend in einer nicht perfekten Umgebung zu bereiten: ein paar appetitlic­he kleine Hors d’oeuvre zur Begrüßung, ein Aperol Spritz an der extra aufgebaute­n Bar, ein hübsch hergericht­eter Publikumsr­aum mitten auf der Baustelle und ausreichen­d Heizstrahl­er, die schafften, was jedoch dem Musiker Mutzke fast schon ohne Unterstütz­ung gelang: Herz und Umgebung aufzuheize­n. Er sang die Lieblingsl­ieder seines Freundes Tim Mälzer, der ganz ehrlich von den Tops und Flops seines Lebens berichtete. Vom Traum, ein Restaurant in New York zu eröffnen – beispielsw­eise. (Was

allerdings bis heute nicht gelungen ist). Mutzke begleitete diese Erzählung ganz wunderbar mit dem Song „New York State of Mind“von Billy Joel, beeindruck­end unterstütz­t von Lars Zander am Saxofon. Mälzers Erzählunge­n

von diversen Lebenskris­en und Einbrüchen („ich habe viel verkackt“) untermalte der Musiker mit einer mitreißend­en Interpreta­tion von „I will survive“von Gloria Gaynor. Er toppte seine Cover-Versionen am Donnerstag­abend letztlich mit Mälzers Lieblingsl­ied „Creep“von Radiohead.

Tim Mälzer sprach anschaulic­h über die Kraft von Essen, die ähnlich der von Musik sei, und stellte interessie­rt umher sehend mit Bedauern fest: „Die Fenster sind ja schon drin, aber leider noch keine Küche.“Trotzdem schaffte er es, den Gästen am Ende des Abends ein warmes Hühnerfrik­assee und eine Bolognese zu kredenzen: „Nicht komplizier­t zu machen, aber immer lecker und sehr persönlich.“

Mälzer berichtete liebevoll von einem Besuch im Altenheim und seinem Versuch, die in sich gekehrten Alten mit den Gerüchen von Kindheitsg­erichten

ins Leben zurück zu holen. Kaum zu glauben, dass das Talent am Herd mal Schlagzeug­er bei „Kiss“werden wollte. „Den Musikunter­richt musste ich wegen mangelndem Talent abbrechen“, bekannte er grinsend.

Letztlich hatten die beiden Stars auf der Bühne noch eine Menge Lob im Gepäck für das Team der Monheimer Kulturwerk­e, das mit so viel Man- und Womanpower und vor allem mit Geduld, Lust und Glauben an sein Tun für einen sicheren und warmen Abend auf der Baustelle gesorgt hatten. „Die Halle wird in 100 Jahren noch stehen“, so Mutzke euphorisch. Und der aus Elmshorn nahe Hamburg stammende Tim Mälzer, der Monheim scherzhaft als Pinneberg von Düsseldorf titulierte, stellte der Stadt am Rhein in Sachen Kultur eine große Zukunft als „Hauptstadt“in Deutschand in Aussicht.

 ?? FOTO: RALPH MATZERATH ?? Tim Mälzer (l.) und Max Mutzke sorgten auf der Baustelle der Kulturraff­inerie K714 in Monheim für einen unterhalts­amen Abend.
FOTO: RALPH MATZERATH Tim Mälzer (l.) und Max Mutzke sorgten auf der Baustelle der Kulturraff­inerie K714 in Monheim für einen unterhalts­amen Abend.

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