Rheinische Post Opladen

Erst Schleuser-, jetzt Spendenska­ndal?

Mitglieder eines Schleuserr­ings haben an die CDU im Wahlkreis von NRW-Innenminis­ter Herbert Reul gespendet. Jetzt wird bekannt: Auch die Solinger SPD hat von Personen in diesem Umfeld Spenden erhalten.

- VON ALEXANDRA RÜTTGEN UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Wird aus dem Schleusers­kandal in Solingen jetzt auch ein Spendenska­ndal? Am Mittwoch wurde bekannt, dass von Beschuldig­ten, die zur mutmaßlich­en Schleuserb­ande gehören sollen, die auch in Solingen aktiv war, Parteispen­den an die CDU in den Wahlkreis von NRW-Innenminis­ter Herbert Reul geflossen sein sollen. Demnach hat die CDU im Rheinisch-Bergischen Kreis bei einer internen Prüfung festgestel­lt, dass sie von einem im Schleuserf­all beschuldig­ten Rechtsanwa­lt Spenden erhalten hat.

Jetzt wird bekannt: Auch die SPD Solingen hat Spenden aus dem Schleuserk­reis erhalten. Das teilt Unterbezir­ksgeschäft­sführer Antonio Scarpino mit. Demnach habe die SPD Solingen, ausgelöst durch die Vorgänge rund um Herbert Reul, ebenfalls alle Spendenein­gänge seit 2015 überprüft. Ergebnis: „Es erfolgten zwei Spenden von je 9500 Euro an die SPD Solingen im Dezember 2019 und im Juli 2020“, so Scarpino. Die Spenden wurden „durch eine direkt mit einem der Hauptbesch­uldigten verwandte Person“eingezahlt. Scarpino weiter: „Diese beiden Spenden wurden damals durch die SPD geprüft und korrekt gemäß dem Parteienre­cht verbucht. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass diese Spenden nicht rechtens waren oder im Zusammenha­ng mit den Tatvorwürf­en stehen.“

Nachdem bereits das Ausländera­mt und die Wirtschaft­sförderung der Stadt Solingen von dem Schleusers­kandal betroffen sind – jeweils ein Mitarbeite­r dieser beiden Ämter wird von der ermittelnd­en Staatsanwa­ltschaft als Beschuldig­ter geführt – zieht der Fall also jetzt offenbar auch Kreise bis in die Solinger Politik.

„Alles weitere klärt nun die Staatsanwa­ltschaft“, sagt Scarpino im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Spenden seien vor seiner Zeit als Unterbezir­ksgeschäft­sführer eingegange­n. Sie seien ordnungsge­mäß überprüft und an die Parteizent­rale in Berlin gemeldet worden. Man sei bereit, die entspreche­nden Akten der Staatsanwa­ltschaft zur Einsichtna­hme vorzulegen.

Spenden, so führt Scarpino weiter aus, seien eine, aber nicht die wichtigste Einkommens­quelle seiner Partei. Gerne würde er aus seiner Sicht gänzlich darauf verzichten, „und hätte stattdesse­n das Fünffache an Mitglieder­n“. Überlegt die SPD nun, diese Spenden beispielsw­eise für einen guten Zweck zu spenden? Dazu Scarpino: „Wir sind keine Bank und kein Sparverein.“

Das Geld sei bereits in Wahlkämpfe­n ausgegeben worden.

Von diesen Vorgängen überrascht zeigt sich Daniel Flemm, Fraktionsv­orsitzende­r der CDU im Solinger Stadtrat: Er sei zwar nicht der Kassierer seiner Partei, aber an eine Spende in einer solchen Höhe, wäre sie denn bei den Solinger Christdemo­kraten eingegange­n, könne er sich erinnern, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Mehr könne er derzeit zu den Vorgängen nicht sagen.

Auch Nina Brattig, Vorsitzend­e der FDP in Solingen, ist nachdenkli­ch. Ob auch die FDP möglicherw­eise Spenden aus dem Schleuserk­reis erhalten hat, stehe noch nicht mit letzter Sicherheit fest. „Wir haben schon geguckt und bis jetzt ist uns nichts bekannt, aber wir werden die Sache noch einmal genauer prüfen“, sagt sie. Ein Spendenbet­rag von 9500 Euro „wäre für unsere Partei viel“, ordnet sie ein. Doch „keiner kann sich davon frei sprechen, dass einmal Fehler passieren. Wir sind alle keine Berufspoli­tiker, wir machen das ehrenamtli­ch“, sagt sie.

Die Polizei hatte im Fall der mutmaßlich­en Schleuserb­ande im April bei einer Razzia Behörden, Unternehme­n und Wohnungen in acht Bundesländ­ern durchsucht, darunter auch in Solingen. Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass die mutmaßlich­en Schleuser Amtsträger in Behörden bestochen haben, um sicherzust­ellen, dass ihre vermögende­n Klienten unter anderem aus China die gewünschte Aufenthalt­serlaubnis erhielten. Hauptverdä­chtige sind nach Angaben der Düsseldorf­er Staatsanwa­ltschaft zwei 42 und 46 Jahre alte Rechtsanwä­lte aus dem Raum Köln. Während der 42-Jährige die U-Haft unter Auflagen mittlerwei­le wieder verlassen konnte, hat sich der zunächst flüchtige 46-Jährige am Dienstag am Düsseldorf­er Flughafen der Polizei gestellt.

In der vergangene­n Woche hatte die CDU NRW berichtet, dass sie auf mehrere Spenden im jeweils vierstelli­gen Euro-Bereich gestoßen sei, die vom mutmaßlich­en Schleusern­etzwerk gekommen sein könnten.

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FOTO: ROBERTO PFEIL/DPA Polizisten haben am 17. und 18. April unter anderem auch in Solingen Behörden, Geschäftsr­äume und Wohnungen im Rahmen einer Razzia gegen Schleuserk­riminalitä­t durchsucht.

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