Verein kämpft für Recht auf Leben ohne Digitalzwang
(grz) Der Arzttermin wird online vereinbart, das Zugticket digital gekauft und das DHLPaket kann an der Packstation per App abgeholt werden: Die Digitalisierung erleichtert das Leben vieler Menschen. Auch Rena Tangens, Mitbegründerin des Datenschutzvereins Digitalcourage, bestreitet das nicht. Problematisch werde es aber, wenn es alternativ zur digitalen keine analoge Lösung mehr gebe. Dann spricht Tangens von einem „Digitalzwang“. Mit ihrem Verein setzt sich die Aktivistin dafür ein, dass die Politik das Recht auf ein Leben ohne einen solchen Zwang im Grundgesetz verankert. Dazu startet Digitalcourage am Donnerstag eine an den Bundestag gerichtete Unterschriftenaktion.
Der Verein kritisiert, dass ein Digitalzwang alte, kranke und arme Leute sowie Menschen mit Behinderung ausschließe. Die Pflicht, für alle möglichen Leistungen ständig ein Smartphone oder bestimmte Apps zu nutzen, führe außerdem zu immer neuen
Datensammlungen, die eine umfassende Überwachung ermöglichten. Außerdem müsse jeder Mensch frei entscheiden können, wann er mit einem Smartphone unterwegs sein wolle. Zurück geht die Idee auf einen Beitrag des Journalisten und Juristen Heribert Prantl. Festgeschrieben werden soll das Recht nach Vorstellung von Digitalcourage in Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. Dort steht gegenwärtig, dass niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung oder auch wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Einen Vorschlag für einen Gesetzestext prüfe Digitalcourage gegenwärtig noch juristisch.
„Ich denke, dass die Fachpolitikerinnen und -politiker auf dieses Thema einsteigen werden und wir da viele Unterstützer gewinnen können“, sagt Tangens. Dennoch sind die Hürden hoch, denn für eine Änderung des Grundgesetzes bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat.