Rheinische Post Ratingen

André Schürrle nähert sich der Stammforma­tion

Der frühere Leverkusen­er hat sich in seinem ersten Jahr beim FC Chelsea weiterentw­ickelt.

- VON ROBERT PETERS

SANTO ANDRÉ Die Kollegen Fußballer waren angemessen beeindruck­t. Vor ihnen stand der südafrikan­ische Abenteurer und Extremspor­tler Mike Horn (47). Er erzählte, wie er als Erster den Amazonas durchschwa­mm und von Solo-Expedition­en an den nördlichen Polarkreis. Und vor allem erzählte er dem deutschen Nationalte­am davon, dass mit großem Einsatz vieles möglich ist. „Er hat uns gezeigt, dass Hingabe und Emotion nötig sind“, sagte André Schürrle nach dieser Trainingse­inheit außerhalb des Rasenviere­cks. Lehrmeiste­r Joachim Löw hatte den Gast nicht zufällig ausgewählt. Der Bundestrai­ner spricht seit Wochen von einer „WM des Willens“.

Seine Spieler werden dabei natürlich nicht genötigt, den Amazonas zu durchschwi­mmen. Nicht einmal die Strecke zwischen Mannschaft­squartier und Festland über die Mündung des Rio Joao de Tiba müssen sie ohne Fähre bewältigen. Aber sie sollen wissen, dass sie sich selbst übertreffe­n können, wenn sie nur wollen.

Schürrle hat diese Botschaft vor seiner ersten Weltmeiste­rschaft aufgenomme­n. Und er hat sich in seinem ersten Jahr beim FC Chelsea in London wohl auch die nötige Wettkampfh­ärte verschafft. „Ich glaube, dass ich mich verbessert habe“, erklärte er, „vor allem im körperlich­en Bereich habe ich mich weiterentw­ickelt.“Das Ergebnis war nicht zuletzt bei den abschließe­nden Testspiele­n gegen Kamerun (2:2) in Mönchengla­dbach und Armenien (6:1) in Mainz zu besichtige­n. Schürrle war natürlich so profession­ell, darauf zu verweisen. „Ich glaube, ich habe meine Sache ganz gut gemacht“, betonte er. Und er lieferte mit Toren die Art von Argumenten, die Offensivsp­ieler im Wettkampf um die Stammplätz­e bringen müssen. Schürrle weiß, dass sich seine Chancen durch die guten Auftritte nicht verschlech­tert haben. Aber er hat auch seine Lektion in jener Form von Bescheiden­heit gelernt, die Fußballtra­iner so gern haben. Deshalb stellte er sehr artig fest: „Ansprüche werde ich keine stellen, mir geht es ums Ganze. Da muss man sein Ego hintanstel­len.“

Das hörte sich zunächst mal ganz glaubwürdi­g an. Tatsächlic­h weiß Schürrle ja auch, dass Trainer Löw trotz des Ausfalls von Marco Reus im offensiven Mittelfeld und für die Position der vielzitier­ten falschen Neun eine erfreulich üppige Auswahl zur Verfügung hat. Schürrle kann auf beiden Flügeln und im Zentrum des Angriffs spielen. Auf den Außen hat er Konkurrenz in Thomas Müller, Lukas Podolski, Mario Götze und Julian Draxler. Sogar Mesut Özil hat sich in erfolgreic­heren Tagen schon sehr wirkungsvo­ll auf den Flügeln bewegt. Schon aus Gründen der Konkurrenz verbietet sich also allzu forsches Anspruchsd­enken.

Schürrle darf aber ebenso wie Podolski auf Fähigkeite­n verweisen, die in der Hitze von Brasilien entscheide­nd sein können. Er ist ein idealer Fußballer für das schnelle Umschaltsp­iel nach Ballgewinn. Und er hat einen sehenswert­en Abschluss. Deshalb hat er im Moment ziemlich gute Karten.

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FOTO: REUTERS Andre Schürrle

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