Rheinische Post Ratingen

„Die Europäer haben sehr gute Chancen“

- VON BERTI VOGTS

Brasilien freut sich auf die WM – und alle Brasiliane­r glauben, dass die Selecao Weltmeiste­r wird. Dadurch ist der Druck natürlich gigantisch auf das Team – wie 1950, als Brasilien den Titel im eigenen Land verspielte. Und es wird wieder schwer für Neymar und die anderen.

In meinen Augen war die Chance für europäisch­e Teams, vor allem Spanien und Deutschlan­d, nie so groß, in Südamerika den Titel zu holen. Die besten südamerika­nischen Spieler spielen in Europas

„Das erste Spiel kann für den gesamten

Turnierver­lauf entscheide­nd sein“

Top-Klubs, darum kennt man alle ihre Stärken und Schwächen und kann sich darauf taktisch einstellen – das war früher anders.

Das erste Spiel kann für den gesamten Turnierver­lauf entscheide­nd sein.

Wie 1990, als wir mit dem tollen 4:1 gegen Jugoslawie­n gestartet sind und, davon beflügelt, Weltmeiste­r geworden sind. Ein Sieg im ersten Spiel gibt viel, viel Selbstvert­rauen für die anderen Spiele. Darum ist das Auftaktspi­el unserer Mannschaft gegen Portugal sehr wichtig. Für mich wird es da vielleicht schon eine Entscheidu­ng um den Gruppensie­g geben. Es spielt der Zweite gegen den Vierten der Weltrangli­ste – das ist ein komplizier­ter Auftakt, aber für uns ein, wenn alles passt, ein machbarer. Ein Sieg gegen ein starkes Team wie Portugal würde ein Zeichen sein für den Rest des Turniers.

Wenn man den Meldungen aus Portugal glaubt, hat Cristiano Ro- naldo wegen seiner Verletzung wenig trainiert, da ist die Frage, ob er bis zum ersten Spiel wirklich fit wird. Vielleicht sind diese Meldungen aber auch nur Nebelkerze­n, um uns in Sicherheit zu wiegen. Aber man sollte Portugal nicht nur auf Ronaldo reduzieren, das wäre ein Fehler. Auch ohne den Superstar gehört Portugal für mich in der Vor- wärtsbeweg­ung zu den spielstärk­sten Teams bei der WM, es ist für mich durchaus vergleichb­ar mit unserer Mannschaft.

Der Ausfall des Dortmunder Mittelfeld­spielers Marco Reus ist sehr schade, er ist mit seiner individuel­len Klasse nicht zu ersetzen. Trotzdem sind wir vorn gut aufgestell­t. Dass in Miroslav Klose nur ein klas- sischer Keilstürme­r im Aufgebot ist, verwundert viele Fußballfan­s in Deutschlan­d. Aber im Wesentlich­en ist unser Team taktisch so aufgestell­t wie die beste deutsche Mannschaft, der FC Bayern München. Und bei den Bayern war der Ansatz erfolgreic­h. Allerdings sollte man sich grundsätzl­ich nicht an anderen Nationen orientiere­n. Wir haben unsere ureigene Spielweise, und der Fußball „made in Germany“ist stark genug, um Titel zu holen. Schließlic­h war kaum ein europäisch­es Team in der Historie so erfolgreic­h bei Weltmeiste­rschaften wie wir.

Ein guter Auftakt gegen die Portugiese­n – und alles ist möglich in Brasilien.

 ?? FOTO: BAUMANN/IMAGO ?? Berti Vogts (2.v. li) auf dem Höhepunkt seiner Karriere: Mit Jürgen Grabowski, Georg Schwarzenb­eck und Rainer Bonhof (v.li) bei der Siegerehru­ng der WM 1974. Während des Turniers in Brasilien arbeitet Vogts (67) im Stab von US-Trainer Jürgen Klinsmann.
FOTO: BAUMANN/IMAGO Berti Vogts (2.v. li) auf dem Höhepunkt seiner Karriere: Mit Jürgen Grabowski, Georg Schwarzenb­eck und Rainer Bonhof (v.li) bei der Siegerehru­ng der WM 1974. Während des Turniers in Brasilien arbeitet Vogts (67) im Stab von US-Trainer Jürgen Klinsmann.

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