Die Provinz empfängt Tennis-Superstar Nadal
Modeunternehmer Gerry Weber hat im ostwestfälischen Halle das wichtigste Rasenturnier vor Wimbledon mit viel Glamour etabliert.
HALLE/W. Anfang der 90er Jahre hatte der ostwestfälische Modeunternehmer Gerry Weber eine ziemlich kühne Idee. Er kreiierte eine Sportveranstaltung rund um sein etwas verstaubtes Produkt, die nachmittags über das ZDF in die Wohnzimmer flimmerte. Dazu scheute er keinen Aufwand. Er baute gleich eine moderne Multifunktionsarena in der Provinz. Ein Rasenturnier zwei Wochen vor Wimbledon. Ein idealer Zeitpunkt als Vorbereitung auf das Grand-Slam-Ereignis. Dazu hat es Weber früh verstanden, die Stars der Szene an sich zu binden. Der Schweizer Roger Federer wurde mit einem lukrativen Vertrag an die Veranstaltung gebunden, viele weitere Top-Kräfte folgten dem langjährigen Branchenführer und entschieden sich ebenfalls für einen Start in Halle.
Dazu gehört auch der Spanier Rafael Nadal – Weltranglistenerster und ständiger Widersacher des 32jährigen Schweizers. In diesem Jahr stehen sie beide im Feld, und alle hoffen auf ein Duell im Finale. Morgen greifen sie erstmals ins Turniergeschehen ein. Federer, aktuell die Nummer vier, spielt zum Auftakt gegen den Portugiesen Joao Sousa (Nummer 47). Und Nadal trifft auf den deutschen „Rasta-Man“Dustin Brown (Nr. 85). In der offiziellen Turnierankündigung des Veranstalters heißt es zu den Duellen: „Zwei knifflige Aufgaben für die Champions zum Start in die Rasensaison.“Selbst mit viel gutem Willen kann man so keine Brisanz erfinden.
Vor ein paar Tagen war Chris Kermode (49), der neue Vorstandsvorsitzende und Präsident der ATP World Tour, auf der Anlage. „Ich muss wirklich sagen: Es war wie eine Offenbarung, was ich hier gesehen habe“, bekundete der Engländer. In einer Zeit, in der Tennis sich im harten Wettbewerb mit anderen Sportarten und anderen Unterhaltungsformaten befinde, habe man in Halle früh die Zeichen der Zeit erkannt: „Es geht darum, den Fans ein Erleb- nis zu bieten, das über Tennis hinausreicht. Turniere müssen heute wie ein Gesamtkunstwerk sein, mit vielen Facetten, vielen Angeboten, vielen Themen“, sagt Kermode, „und das haben sie hier vom ersten Moment an verstanden.“Er sei „sehr beeindruckt“vom Aufbauwerk der letzten gut zwei Jahrzehnte, so Kermode.
Im kommenden Jahr wird das Turnier derart geadelt, das es von der 250er-Kategorie (Anzahl der zu vergebenen Weltranglistenpunkte) in die 500er-Klasse aufsteigt. Es geht dabei vor allem um Renommee. Spielern wie Nadal und Federer geht es in erster Linie nicht mehr um Punkte fürs Klassement und Geld, sondern um optimale Bedingungen, sich auf Großereignisse vorbereiten zu können.
Dementsprechend gehätschelt werden die Superstars. FrenchOpen-Sieger Nadal wurde nach seinem Eintreffen überschwänglich von Turnierdirektor Ralf Weber begrüßt – mit einem weißen Blumengebinde hart an der Schmerzgrenze. Nadal hat trotzdem tapfer in die Kameras gelächelt. Der Mallorquiner nimmt solche Pflichttermine gelassen. Für ihn geht es darum, in den Rhythmus zu kommen für den All England Club, möglicherweise Federer ein wenig zu ärgern. Der Titelverteidiger in Halle zählt auch immer zu den Aspiranten auf den Titel in Wimbledon. „Dieses Turnier in Halle war immer gut zu mir, und gut für mich“, bekräftigte Federer unlängst.
Ein Umstand, den Nadal auch gerne für sich verbuchen würde.