Moerser Jazzfest an neuem Standort
Das traditionsreiche Festival erlebt eine gelungene Premiere in neuer Halle.
MOERS Der Neuanfang des Jazzfestivals an seinem neuen Standort in Moers ist geglückt: Die Atmosphäre in dem zur Festivalhalle umgebauten Gebäude, die Akustik und die freie Sicht auf die Bühne begeisterten Publikum und Musiker gleichermaßen. „Von außen sieht sie aus wie eine Tennishalle, doch drinnen ist es eine richtige Konzerthalle“, sagte Musiker Sebastian Gramms, der mit seinem Projekt „Bassemasse“das Moers Festival zu Pfingsten eröffnete. Der Musiker brachte 44 Kontrabassisten auf die Bühne. Die Sorgen der Festivalleitung, dass der neue Standort des Moers Festivals nicht angenommen würde, erwiesen sich als unbegründet. Die Veranstalter zählten täglich zwischen 1600 und 2300 Gäste in der Musikhalle.
Viele Besucher vermissten allerdings das Hippie-Flair, das sich in den vergangenen 40 Jahren um das Festival entwickelt hatte. Der Händlermarkt war zu klein. Die Camper, die früher ein Festival im Festival feierten, mussten auf ein benachbartes Freibadgelände ausweichen. Das soll sich laut Festivalleitung im kommenden Jahr ändern. Die Idee, den Standort zu wechseln und eine ehemalige Tennis- zur Festivalhalle umzubauen, war aus der Not heraus geboren. Die Stadt hat ihren Zuschuss seit 2006 um mehr als die Hälfte gekürzt. Das Jazzfestival, das bislang Open Air im Moerser Freizeitpark veranstaltet wurde, hätte dort wegen zu hoher Kosten nicht mehr stattfinden können. Der Festivalleitung gelang es, Land und Bund zu überzeugen, Geld für den Umbau und den festen Festivalstandort zur Verfügung zu stellen. Mit dem Programm unterzog Reiner Michalke, künstlerischer Leiter des Moers Festivals, die Musikveranstaltung einem Stresstest. 23 Formationen aus aller Welt, darunter allein sieben Bigbands, stellten die Festivalhalle auf den Prüfstand und zeigten, was die aktuelle Szene in der neuen Musik zu bieten hat. Das Publikum erlebte ein Festival der Gegensätze.
Die deutsche Pianistin Julia Hülsmann, die als Stadtmusikerin für ein Jahr in Moers lebt und arbeitet, führte neue, sehr poetische Kompositionen auf. Sie hatte Gedichte von Margaret Atwood, Emily Dickinson und Walt Whitman vertont. Im Kontrast dazu stand die experimentelle Arbeit des Duos Jaki Liebezeit und Marcus Schmickler, das die Zuhörer mit elektronischen Sound-Wiederholungen wie in einer Endlosschleife beschallte. Lieblinge des Publikums waren der Musiker Fred Frith, der mit seiner Band sein 1980 erschienenes Album „Gravity“zum ersten Mal live spielte, und das Orchestre National de Jazz aus Frankreich mit seinem neuen Leiter, dem Gitarristen Oliver Benoit.