Rheinische Post Ratingen

Gewitterst­urm hinterläss­t Spur der Zerstörung

Die orkanartig­en Böen, dazu sintflutar­tige Regengüsse, haben vermutlich einen Millionens­chaden angerichte­t. Der Märchenzoo am Blauen See wurde komplett zerstört. Das Betreten der Wälder ist verboten. Eingeschrä­nkter Betrieb in den Bädern. Auch der Minigol

- VON JOACHIM PREUSS

RATINGEN Der schlimmste Gewitterst­urm seit vielen Jahren hat in der Nacht zu gestern eine Schneise der Verwüstung durch Ratingen geschlagen. Am nahen Flughafen wurden Windgeschw­indigkeite­n bis zu 145 Kilometer pro Stunden gemessen. In Ratingen blieb kaum ein Baum verschont, viele krachten auf die Straßen, einige begruben Autos. Die Durchgangs­straßen waren zunächst komplett durch Bäume versperrt, auch am Vormittag lief beispielsw­eise auf der Mülheimer Straße und auf der Höseler Straße nichts mehr. Die Feuerwehr hatte sofort Großalarm gegeben und später alle verfügbare­n Kräfte auch per Sirenenala­rm aus den Betten geholt: Über 300 Kräfte müssen bis heute weit über 500 Einsätze abarbeiten.

Weitere Hilfe wurde aus dem Umland wie Duisburg, Remscheid, Solingen und Wuppertal angeforder­t: Es griffen die Notfallplä­ne, die bei solchen Ereignisse­n eine überörtlic­he Hilfe koordinier­en. In der Innenstadt beispielsw­eise war die Feuerwehr Solingen unterwegs, um Sturmschäd­en wie an der Grabenstra­ße zu beseitigen, in Hösel die Kollegen aus Remscheid. Auch das Ratinger THW war im Einsatz. Am Morgen bereiteten sich viele Kräfte auf einen 48-Stunden-Einsatz vor.

Eine kräftige Gewitterze­lle war von Düsseldorf-Süd in einem 30 Grad-Kurs gen Heiligenha­us gezo- gen – um dann plötzlich einen 15Grad-Haken in Richtung Hösel zu schlagen. Dazu kam eine weitere Zelle, das Chaos brach los. Selbst einige Löscheinhe­iten mussten sich den Weg zum Gerätehaus freisägen. Bis zum späten Vormittag staute sich der Verkehr – viele Straßen waren immer noch unpassierb­ar. Die Feuerwehr aus Solingen zersägte den schweren Baum, der mitsamt Wurzel auf die Grabenstra­ße gefallen war. Gegen Mittag waren die Hauptstraß­en frei.

Auch die Gastronomi­e hat es schwer getroffen: Der Weg zur Auermühle glich einem Urwald, es war kein Durchkomme­n möglich. Ein Pärchen hatte es trotzdem gewagt – gestern Vormittag suchte es nach einem verloren gegangenen Handy. In der Auermühle blieben die Gäste trotz Warnung des Wirtes Dirk Brüning bis zum Sturm. Nur noch über den Papiermühl­enweg konnten sie wieder raus aus dem Tal. Die Auermühle selbst blieb von größeren Schäden verschont, sagte Brüning. Einer der Gäste, Yunus Günes aus Wickert/Niederrhei­n, verbrachte die Nacht im Auto. Anja Leopold vom „Löwen am Markt“: „Gott sei Dank haben wir es buchstäbli­ch in letzter Sekunde geschafft, alle Gäste vom Markt in Sicherheit zu bringen. Für unseren Biergarten kam jede Hilfe zu spät, aber der ist ersetzbar.“

Zu allem Überfluss gab es diverse Stromausfä­lle, wie die Stadtwerke berichtete­n. Stark eingeschrä­nkt ist derzeit der Betrieb der Bäder. Beim Allwetterb­ad ist der Parkplatz zum Teil gesperrt, betrieben werden derzeit nur die Innensaune­n und die Terrassen. Außenruheb­ereich und Außensaune­n bleiben bis auf Weiteres gesperrt. Ebenfalls gesperrt bleiben die Liegewiese und das Kinderbeck­en des Allwetterb­ades. Hingegen sind Innenbecke­n, Ausschwimm­kanal und 25-Meter-Becken geöffnet. Einschränk­ungen gibt es auch am Angerbad. Dort sind Hallenbadp­arkplatz und Freibadpar­kplatz gesperrt. Ebenso die Liegewiese und das Kinderplan­schbecken. Für den Schwimmbet­rieb geöffnet sind Sportbecke­n, Sprung-

„Der heißeste Pfingstmon

tag seit 35 Jahren in Ratingen“

Klaus Mönch „Wetterfros­ch“ becken und Flachwasse­rbecken.

Die Forstbehör­de Wald und Forst NRW hat vorerst bis Freitag ein Betretungs­verbot für alle Waldfläche­n im Kreisgebie­t ausgesproc­hen. Das Ensemble von Pippi Langstrump­f ist aber sicher, am Wochenende wieder auf der Naturbühne am Blauen See, auftreten zu können. „Wir sind mit zweien blauen Augen davongekom­men“, sagte Tanja Bockelkamp. Einige Kulissen seien im See vor der Bühne gelandet. Die Wege waren gestern noch unpassierb­ar. Sie selbst half gestern noch zwei Stunden bei den Kollegen vom Märchenzoo bei den Aufräumarb­eiten. Der Park wurde völlig zerstört. „Umgestürzt­e Bäume liegen nicht nur auf den Wegen, sondern auch auf unseren Märchen. Wir benötigen dringend Hilfe“, so Anna Tefert. Und: „Wir suchen Helfer mit Kettensäge­n und anderem Werkzeug.“Es wurde ein Spendenkon­to eingericht­et. Nähere Informatio­nen im Internet unter www.maerchenzo­o.de. Auch der frisch renovierte Minigolfpl­atz am Kreisel Krummenweg wurde schwer beschädigt. Die Stadt rief zu besonderer Vorsicht bei Aufenthalt­en im Freien auf: Die Verkehrssi­cherheit könne nicht überall gewährleis­tet werden.

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RP-FOTOS (4): ACHIM BLAZY Der Märchenzoo ist verwüstet. Die Inhaber Thomas Kohnen und Heike Klimmek sind entsetzt. Viele Figuren sind zerstört, Gebäude stark beschädigt. Der Zugang ist unpassierb­ar.
 ??  ?? Der Hauser Ring wurde noch in der Nacht freigesägt. Zunächst kümmerte sich die Wehr um die wichtigen Durchgangs­straßen.
Der Hauser Ring wurde noch in der Nacht freigesägt. Zunächst kümmerte sich die Wehr um die wichtigen Durchgangs­straßen.
 ??  ?? Auf der Hans-Böckler-Straße fielen Bäume auf ein geparktes Auto. Etliche Pkw wurden von Bäumen beschädigt.
Auf der Hans-Böckler-Straße fielen Bäume auf ein geparktes Auto. Etliche Pkw wurden von Bäumen beschädigt.
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Am Pappelweg in Lintorf fotografie­rte Martin Waldau sein soeben saniertes Haus. Es ist schwer beschädigt.
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