Zwei Wüsten – mit und ohne Menschen
Eine der heißesten Wüsten der Erde ist die Dasht-e Lut im Iran. Sie ist absolut wasserlos, und es gibt keine Spuren menschlicher Besiedelung. Dagegen leben in der Mauretanischen Sahara Nomadenfamilien. Eine Gegenüberstellung.
Die Begegnung mit offenen, freundlichen und vor allem würdevollen Menschen macht die Reise durch die Wüstenund Wüstenrandzonen in Mauretanien zu einem besonders wertvollen Erlebnis. Nomaden, die in Zelten leben, die immer weiterziehen, wenn ihre Ziegen die karge Vegetation abgefressen haben, gibt es dort noch. Legendär ist ihre Gastfreundschaft: Da wird auch eine Europäerin sofort mit einer Henna-Zeremonie begrüßt – und hat davon noch Monate später daheim ein knallrotes Andenken an Händen und Füßen.
Da wird für den Gast sogar eine Ziege geschlachtet, dazu Couscous zubereitet und – eine Spezialität in Mauretanien – mit drei Monate alter, ranziger Ziegenbutter übergossen. Probieren muss jeder die Kugeln mit der rechten Hand. Nicht selten werden die männlichen Besucher auch vom Clan-Chef gefüttert. Ein Tam-Tam, schnell mit einer umgekippten Schüssel als Schlagzeug arrangiert, mit Gesang und Tanz der jungen Frauen, beschließt den Abend bei den Nomaden, die übrigens hoch beleidigt wären, wenn man ihnen Geld für ihre Gastfreundschaft zustecken wollte. Tee und Zucker, Seife, solche Gaben sind eher angebracht.
Die Nomaden in Mauretanien sind noch weitgehend authentisch in ihrem Einssein mit der Natur – auch weil das Land selten bereist wird. Die Mauretanier sind ein stolzes Volk, wobei sie alles andere als ein (!) Volk sind. Denn die alten Hierarchien bestehen auch nach der zumindest offiziell abgeschafften Sklaverei noch weiter fort. Je heller die Haut, umso mehr Maure oder Araber, die die höchste Gesellschaftsschicht darstellen. Je dunkler die Haut, umso tiefer stehen die Menschen in der Rangfolge; ganz am Schluss auch heute noch die Schwarzen.
Dennoch ist Mauretanien mit seiner Wüste, dem Meer ohne Wasser, ein faszinierendes Land. Es ist fast dreimal so groß wie Deutschland und besteht zum großen Teil aus Wüste, der Sahara, die mit neun Millionen Quadratkilometern auf mehrere Länder verteilt die größten Wüste der Erde ist. Sogar Krokodile gibt es an zwei Stellen in Schluchten, riesige Dünenflächen, aber auch bizarre Gebirgsformationen, immer wieder unterbrochen von Oasen mit Palmenhainen. Der Schöpfung ganz nah fühlt sich der Reisende in einer der heißesten Wüste der Erde – in der Dasht-e Lut im Osten des Iran. Die 166000 Quadratkilometer große, aus dem Urmeer entstandene Salzwüste ist bar jedweder Besiedelungsspuren. Wer diese Wüste erleben möchte, der muss klug seine Wasservorräte einteilen und auch alles andere Nötige dabei haben.
Die Lut ist eine andere Welt, wie ein anderer Planet mutet sie an. Als geomorphologisches Phänomen ist sie zwar bei Wissenschaftlern bekannt, von Wüstenreisenden aber bisher kaum entdeckt. Nur ganz wenige Reisegesellschaften bieten bislang Exkursionen durch die Lut an. Umso begehrter sind die Plätze für absolute Wüsten-Fans. Denn die Dasht-e Lut fasziniert auch alte Wüstenfüchse, die meinen, schon alles gesehen zu haben.
Noch mitten im Schöpfungsprozess vermeint sich der Be- trachter in dieser Landschaft mit ihren verkrusteten Steinstrukturen. Einzigartig sind in der Lut die sogenannten Yardangs (Windhöcker) oder Kaluten, die sich über 120 Kilometer erstrecken. Diese versteinerten Dünen, oftmals mit einer scharfen Abbruchseite, stellen sich auf Satellitenbildern wie durchgehende Gesteinslinien dar. Wenn man sie durchfährt oder durchwandert, zeigt sich dieses Naturphänomen aber als ein unendlich anmutendes, hochkompliziertes Labyrinth von Gesteinsskulpturen, die bis zu mehr als 300 Meter hoch sind.
Diese Naturkunstwerke sind einer ständigen Veränderung durch die extremen Witterungsverhältnisse in der Lut ausgesetzt. Im Sommer wird es bis zu 55 Grad heiß, und das ganze Jahr weht ein Wind, der nicht selten Sturmstärken erreicht, um dann mit Abermillionen winziger Kieselsteine, wie mit einem Schleifmittel, die Yardangs zu formen.
Zu befahren ist die Dasht-e Lut mit Allradfahrzeugen an manchen Stellen, wo der Sand besonders weich ist, eher schwierig. Leicht sanden die Fahrzeuge ein, aber das ist für geübte Wüstenfahrer kein Problem. Mit Schaufeln, Sandblechen, Anschieben und Geduld werden solche Hindernisse bewältigt. Wer eine so gut wie unberührte Wüste kennenlernen möchte, ist in der Lut genau richtig. Vor allem zivilisationsmüde Menschen können dort Erdung und Besinnen auf das Wesentliche finden.