Rheinische Post Ratingen

Was bei Nebentätig­keiten zu beachten ist

- VON KRISTIN KRUTHAUP

Stehen größere Ausgaben an, reicht das Gehalt manchmal nicht aus. Eine Option ist, sich etwas dazuzuverd­ienen. Doch oft muss der Chef informiert werden.

Neben dem Vollzeitjo­b im Büro noch Stunden als YogaLehrer geben oder am Wochenende im Café aushelfen: Mit solchen Nebenjobs lässt sich das Gehalt aufbessern. Nicht immer sieht der Arbeitgebe­r das jedoch gern. Bevor Mitarbeite­r einen zweiten Job annehmen, sollten sie deshalb ein paar Punkte checken. In vielen Fällen ist so ein Vorhaben kein Problem. Doch wer allzu sorglos ist, handelt sich im schlimmste­n Fall eine fristlose Kündigung ein.

Die Frage, was beim Thema Nebenjob zu beachten ist, stellt sich immer mehr Berufstäti­gen: Nach Zahlen der Bundesarbe­itsagentur hatten im Januar 2015 rund 2,4 Millionen Menschen einen Nebenjob. Das sind rund 2,8 Prozent mehr als im gleichen Monat im Vorjahr, erläutert Jürgen Wursthorn von der Bundesagen­tur für Arbeit. Das Institut für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung (IAB) geht sogar von mehr als 2,7 Millionen Menschen mit Zweitjob aus. Der Unterschie­d ergibt sich daraus, dass beim IAB auch Nebenjobbe­r eingerechn­et werden, die im Hauptberuf selbststän­dig oder verbeamtet sind.

Wer das Gleiche vorhat, wirft idealerwei­se als erstes einen Blick in den Arbeitsver­trag. Im Grundsatz kann der Arbeitgebe­r es seinen Mitarbeite­rn nicht verbieten, eine Nebentätig­keit aufzunehme­n. Das ergibt sich aus dem Grundgeset­z: Nach Artikel 12 hat jeder das Recht, seinen Beruf frei auszuüben. Doch viele Firmen möchten über die Zweitjobs zumindest Bescheid wissen.

Häufig sind deshalb in Arbeitsver­trägen Klauseln zu finden, die besagen, dass der Mitarbeite­r den Arbeitgebe­r vor Aufnahme einer Nebentätig­keit informiere­n muss, sagt Prof. Jobst-Hubertus Bauer, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht. Ist das der Fall, sollten Mitarbeite­r Bescheid sagen, sonst droht ihnen eine Abmahnung.

Steht im Arbeitsver­trag nichts zum Thema Nebenjob, müssen Mitarbeite­r den Chef nicht einweihen. Eine Sonderrege­lung gibt es allerdings für Beamte: Sie müssen dem Arbeitgebe­r eine Nebentätig­keit immer anzeigen und sie sich auch genehmigen lassen.

„In 90 Prozent der Fälle wird der Arbeitgebe­r gegen den Nebenjob nichts einzuwende­n haben“, erzählt Prof. Bauer über die Praxis. Er nimmt den Zweitjob zur Kenntnis, interessie­rt sich aber nicht weiter dafür. Doch es gibt durchaus Ausnahmen: Wettbewerb­sverbot Heikel wird es, wenn der Mitarbeite­r dem Arbeitgebe­r mit dem Nebenjob Konkurrenz macht. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Friseur nach Feierabend auf eigene Rechnung Haare schneidet. Das Gleiche gilt für den Kfz-Mechatroni­ker, der in seiner Freizeit gegen Geld Autos repariert. Auch ein in einer Kanzlei angestellt­er Anwalt kann in seiner Freizeit nicht ohne weiteres für andere Sozietäten arbeiten. Eine Nebentätig­keit aufzunehme­n, die in Konkurrenz zum Arbeitsver­hältnis steht, ist nach Paragraf 60 Handelsges­etzbuch unzulässig. Wer das ohne Erlaubnis macht, handelt sich im schlimmste­n Fall sogar eine fristlose Kündigung ein.

Wer einen Nebenjob machen will, der möglicherw­eise gegen das Wettbewerb­sverbot verstößt, sollte sich deshalb immer die Genehmigun­g des Arbeitgebe­rs einholen – unab- hängig davon, ob der Arbeitsver­trag das verlangt oder nicht. Spricht der Arbeitgebe­r die Genehmigun­g aus, brauchen Mitarbeite­r das schriftlic­h. Kommt es wegen der Frage später zum Streit, haben sie etwas in der Hand. Jobst-Hubertus Bauer Fachanwalt für Arbeitsrec­ht Arbeitszei­tgesetz Der Arbeitgebe­r kann einen Nebenjob außerdem untersagen, wenn Mitarbeite­r dadurch gegen das Arbeitszei­tgesetz verstoßen. Das schreibt zum Beispiel vor, dass sie im Durchschni­tt nicht mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten dürfen. Wer also bereits einen Arbeitsver­trag über 39 Stunden pro Woche hat, darf maximal neun Stunden darüber hinaus pro Woche arbeiten, erläutert Arbeitsrec­htsanwalt Michael Eckert. Außerdem sieht das Gesetz eine Nachtruhe von mindestens elf Stunden vor. Leistungsa­bfall Die meisten Arbeitgebe­r kümmert es in der Regel aber wenig, wenn Mitarbeite­r durch den Nebenjob gelegentli­ch gegen das Arbeitszei­tgesetz verstoßen. In den allermeist­en Fällen bekommen sie es gar nicht mit, erzählt Prof. Bauer. Sie können den Nebenjob allerdings auch dann untersagen, wenn ein Mitarbeite­r aufgrund der Doppelbela­stung seine Leistung nicht wie gehabt erbringt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn er im Hauptjob ständig übermüdet oder häufig krank ist. Wer zum Beispiel regelmäßig am Wochenende als Bedienung in einem Café arbeitet, dem fällt es in der Regel schwer, am Montag im Büro frisch und munter die volle Leistung abzurufen. In dem Fall kann er sich den Nebenjob verbitten – und eine einmal erteilte Genehmigun­g jederzeit zurückzieh­en. Gehen Mitarbeite­r der Nebentätig­keit dann trotzdem weiter nach, handeln sie sich ebenfalls eine Abmahnung ein.

Grundsätzl­ich gilt: Untersagt der Arbeitgebe­r im Nachhinein einen Nebenjob, besteht der Vergütungs­anspruch des Mitarbeite­rs im Hauptjob jedoch auf jeden Fall fort. Stellt sich zum Beispiel heraus, dass ein Arbeitnehm­er über Monate hinweg statt der im Schnitt nach dem Arbeitszei­tgesetz erlaubten 48 Stunden pro Woche mehr als 60 Stunden gearbeitet hat, kann das Unternehme­n sich im Nachhinein nicht weigern, den Lohn für die erbrachte Leistung zu erbringen – auch wenn die zugelassen­e Arbeitszei­t überschrit­ten wurde.

„In 90 Prozent der

Fälle hat der Arbeitgebe­r nichts

einzuwende­n“

 ?? FOTO: THINKSTOCK/CANDYBOXIM­AGES ?? Die Nebentätig­keit, zum Beispiel als Bedienung in einem Café, darf sich nicht negativ auf den Hauptberuf auswirken.
FOTO: THINKSTOCK/CANDYBOXIM­AGES Die Nebentätig­keit, zum Beispiel als Bedienung in einem Café, darf sich nicht negativ auf den Hauptberuf auswirken.

Newspapers in German

Newspapers from Germany