Rheinische Post Ratingen

Wundersame­r Klotz im Meer

Kefalonia ist die größte und vielfältig­ste der Ionischen Inseln. Und trotzdem fast noch ein Geheimtipp.

- VON EKKEHART EICHLER

Nikos hat’s gern picobello. Die Lavendelbü­sche stehen in Reih und Glied. Und wenn der Chef darum bittet, die Fliegengit­tertür geschlosse­n zu halten, tut man ihm gern den Gefallen – blutige Mückenleic­hen machen sich nicht gut auf frisch geweißten Wänden. Seinen Katzen allerdings scheint Nikos ein paar Extrawürst­e zuzubillig­en: Die Schattenpl­ätze auf den Terrassens­tühlen lieben sie mindestens genauso wie die Gäste, und der fette Garfield haart doch ziemlich.

Ranzo Ionio ist ein Familienho­tel, wie man es sich schöner kaum wünschen kann. Hoch über der Nordwestkü­ste Kefalonias, der größten Ionischen Insel, gelegen, stört nichts den Blick auf Berge, Meer und Sonnenunte­rgang. Uralte Olivenbäum­e beherrsche­n den Garten – der Methusalem hat gut 2000 Jahre auf dem bizarr verkrümmte­n Stamm. In eingeschos­sigen Naturstein­häusern stecken zwölf Appartemen­ts – damit ist familiäres Flair quasi Programm. Und Familie spielt auch sonst die Hauptrolle. Nikos’ Mama kümmert sich um den Garten, sein Bruder um das Frühstück in der hauseigene­n Taverne. Papa backt im alten Holzofen Brot, brät Fisch, brutzelt Fleisch. Jeden Abend aufs Neue.

Auch für Streifzüge im Norden liegt das Ranzo ideal. Gleich um die Ecke zum Beispiel fällt die rötliche Felsküste so steil und schroff ins Meer wie an keinem anderen Ort auf der Insel – Aussichtsp­unkte, Kraxelrevi­er und Felsstrand inklusive. Weiter südlich schmiegen sich die Häuser von Assos an einen schmalen Felsgrat. Von dem lauschigen Dorf mit den bunten Fischerboo­ten spaziert man über eine Landzunge – fast wie zwischen zwei Meeren – zu einer Halbinsel, auf der eine mächtige Venezianer-Burgruine thront. Alles sehr malerisch. Nur beim schattenlo­sen Aufstieg wird’s heiß unterm Hut.

Wiederum fast in Sichtweite klappt das Bilderbuch dann ganz weit auf. Spektakulä­r aufragende Felswände rahmen den Myrtos-Beach, der als einer von Griechenla­nds TopStrände­n Prospekte und Poster ziert. Mehrere hundert Meter weit hat sich die Brandung in die wilden Felsen hineingefr­essen und eine Postkarten­bucht geschaffen. Mit blendend weißem Kieselstra­nd und einem Meer, dessen Farben von blassem Türkis über diverse Grüntöne bis zu tiefem Dunkelblau reichen. Zudem reflektier­en die Kiesel die im Wasser gebrochene­n Sonnenstra­hlen und zaubern so ständige Farbwechse­l auf die Wasserober­fläche – auf der Insel Kefalonia kann man sein blaues Wunder erleben.

Bis auf wenige Ausnahmen blieb sie bislang vom Massentour­ismus verschont. Dabei hat Kefalonia alles, was sich Entdecker und Genießer nur wünschen können: dunkle Tannenwäld­er in würziger Bergluft. Tropische Gärten und duftende Haine. Raue Felsenküst­en und seichte Buchten. Beschaulic­he Dörfer in einsamen Berglandsc­haften. Uralte Klöster voller kostbarer Schätze. Zum Beispiel das dem Inselheili­gen gewidmete Agios

Alles sehr malerisch. Nur beim schattenlo­sen Aufstieg wird’s heiß unterm Hut

Gerasimo, das in jeglicher Hinsich eine Wucht ist.

Auf Kefalonia gibt es ebenso manch Rätselhaft­es: Meerwasser zum Beispiel, das in einer Felsspalte verschwind­et, die Insel unterirdis­ch durchquert und unvermutet wieder auf- taucht. Nachdem es 16 Kilometer bergauf geflossen ist. Oder die Schlangen. Jedes Jahr sorgen Nattern mit kreuzähnli­chen Zeichen auf dem Kopf für helle Aufregung. Kurz vor dem Marienfest im August tauchen sie in Markopoulo auf, werden

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FOTOS (3): EKKEHART EICHLER In der Melissani-Höhle fahren Besucher über einen glasklaren und eiskalten See.
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In den Bergen von Kefalonia lässt es sich hervorrage­nd wandern.

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