Putin und Erdogan haben noch einiges zu klären
SOTSCHI Kaum hatte Angela Merkel Russland verlassen, stand auch schon der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vor der Tür von Wladimir Putins Sommerresidenz in Sotschi. Es war die erste Auslandsreise des türkischen Präsidenten nach dem knappen Sieg im Verfassungsreferendum. Syrien soll das zentrale Thema der Konsultationen gewesen sein. Beide Seiten sprachen sich für Deeskalationszonen an der syrischen Grenze aus. Auch Geheimdienste und Verteidigungsministerien sollen enger kooperieren. Mehr verrieten beide nicht.
Putin hatte bessere Laune als am Vortag, als er am selben Ort die Kanzlerin empfangen hatte. Und er versicherte Erdogan die „Rückkehr zu normaler partnerschaftlicher Zusammenarbeit“. Im November 2015 hatte die Türkei einen russischen Kampfjet im türkischen Luftraum an der syrischen Grenze abgeschossen; Russland verhängte Embargos. 2016 versöhnten sich die Kampfhähne, nachdem Erdogan sich in Moskau entschuldigt hatte.
Aber nur auf den ersten Blick sieht es nun wieder nach harmonischer Beziehung aus. Die wirtschaftlichen Kontakte werden wiederhergestellt, ausgenommen bleibt indes das russische Einfuhrverbot für türkische Tomaten. Auch der visafreie Verkehr für Türken gehört der Vergangenheit an. Der Kreml scheint dem türkischen Präsidenten nach wie vor mit Skepsis zu begegnen. Von „idyllischen Beziehungen“könne nicht die Rede sein, schreibt etwa die Zeitung „Kommersant“.
Moskau irritiert vor allem, dass Ankara erneut den Rücktritt des syrischen Diktators Baschar al Assad fordert. Zumal Russland und die Türkei mit dessen Schutzmacht Iran im Dezember einen Waffenstillstand für Syrien vereinbart hatten. Zwischenzeitlich hatte Ankara die Rücktrittsforderung auch ad acta gelegt. Befremdlich ist aus russischer Sicht auch die Unterstützung Erdogans für Donald Trumps Vergeltungsschlag gegen die Luftwaffenbasis Schairat. Von dort aus soll die syrische Armee jene Giftgasattacke in der Provinz Idlib verübt haben, bei der im April mindestens 80 Menschen ums Leben kamen.
Darüber hinaus nimmt Ankara Anstoß an Russlands Unterstützung syrischer Kurden. Für Erdogan ist das ein klarer Fall: Russland „unterstützt Terroristen“.