Alte Schlamm-Deponie ist ein Falter-Paradies
In der Leibeck entdeckten Naturschutz-Experten wie Dietmar Borbe inzwischen eine erstaunliche Artenvielfalt.
HEILIGENHAUS (RP/köh) An der Friedhofsallee in Heiligenhaus wurde 1968 eine Anlage zur Entsorgung von Hausmüll und Bauschutt errichtet und bis 1982 betrieben. Infolge zahlreicher Gefährdungen durch Ausgasungen und für das Grundwasser musste das Gebiet dann saniert werden. Die Arbeiten wurden vor neun Jahren abgeschlossen. Nichts zeugt auf den ersten Blick mehr vom alten Verwendungszweck. Auf die Abdichtungsbahnen und Rekultivierungsschicht von über einem Meter wurden dann pflegerische Ausgleichsmaßnahmen 2009 fertiggestellt. Ein großer Teil wurde mit abgemagertem Rohboden angefüllt und das Substrat mit einem entsprechenden Saatgut versehen.
An dieser Stelle setzt der Heiligenhauser Naturkundler Dietmar Borbe an: „Gerade dieser magere Standort hat das Gebiet seither zu einem wahren Naturparadies werden lassen. Im Gegensatz zu normalem Boden mit Allerweltspflanzen“hat sich hier eine besondere Flora und Fauna entwickelt, wie sie kaum in unserer Umgebung anzutreffen ist“, schreibt er über seine Forschungen in diesem Beritt.
Mehrere Steinhaufen bieten Reptilien Verstecke und Rückzugsmöglichkeiten. Regelmäßig rütteln Turmfalken über dem Gebiet, um hier nach Nahrung zu suchen. Vogelarten wie Dorngrasmücken und Sumpfrohrsänger fanden hier auch schon ihre Brutreviere. Und: „Sobald dann im Spätsommer an den Blüten viele Samen zur Reife gelangen, lassen sich Scharen von Stieglitzen, Hänflingen und anderen Finkenarten nieder, um sich hier gütlich zu tun.“In unmittelbarer Nähe der Deponie stehen ca. 15 Bienenkörbe, deren Bienen von der Blütenpracht der Magerwiese auf der ehemaligen Deponie im großen Maße profitieren. Die Biene ist nach Schwein und Rind das drittwichtigste Nutztier Deutschlands. Das gilt beileibe nicht nur für die Honigproduktion, sondern auch in der Landwirtschaft für die Bestäubung von etwa 85 Prozent der landwirtschaftlichen Erträge beim Pflanzenund Obstanbau. Für Borbe ist das mehr als ein Stück Statistik: „Wenn man zudem bedenkt, dass die Hälf- te unserer heimischen Bestäuber wegen mangelnder Blüten und Lebensräume vom Aussterben bedroht ist, ahnt man, welch wichtiges Bindeglied die Biene im ökologischen Zusammenhang auf der ehemaligen Deponie darstellt.“Im Auftrage der Wissenschaft wurden von Anfang an zahlreiche Untersuchungen durchgeführt. Bereits im August 2010 wurde an alle Ratsmitglieder eine entsprechende Broschüre mit den besonderen Schmetterlingsvorkommen überreicht. Dabei muss festgestellt werden, dass inzwischen knapp 50 Tag- und Nachtfalterarten dieses Gebiet aufsuchen und schät- zen. Es darf sogar mit weiteren Überraschungen gerechnet werden. Allein fünf Arten stehen schon jetzt auf der Roten Liste des Bergischen Landes, was die Einzigartigkeit und Schutzwürdigkeit dieses Gebietes nur unterstreicht. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Goldene Acht (siehe Foto) zum Schmetterling des Jahres 2017 ge- kürt worden ist. Intensive Düngungsmaßnahmen mit Hilfe von Gülle und Kunstdünger sowie importiertes Soja als Viehfutter verdrängen den Anbau von Luzerne und Klee.
Da die Raupen aber darauf unbedingt angewiesen sind und diese als Gründünger kaum noch angebaut werden, fehlt ihnen der Lebensraum zur Entwicklung. Diese Pflanzen wachsen aber erfreulicherweise gerade auf der Deponie mit ihrem blütenreichen Angebot. Allgemein ist nicht nur das Nektarangebot der zahlreichen Blüten von Bedeutung, sondern die Pflanzen selbst, die zur Ablage von Eiern genutzt werden und damit für die Nachkommenschaft sorgen. Unterstützt wird dies durch ein sehr bewusst gestaltetes Mähverhalten in Abschnitten im Auftrag der Stadt. So werden der Bestand und die Weiterentwicklung der Populationen ermöglicht und gefestigt.
Die vor kurzem vom Heiligenhauser Verein für wissenschafliche Naturschutzpatenschaften organisierte Ausstellung in der Heiligenhauser Filiale der Kreissparkasse Düsseldorf konnte davon einen bleibenden Eindruck vermitteln.