Feiertag für Hamilton
Der Formel-1-Star aus England siegt in Silverstone. Ferrari-Pilot Vettel fällt nach einem Reifenplatzer in der vorletzten Runde auf Rang sieben zurück. In der WM führt er noch mit einem Punkt vor dem Mercedes-Rivalen.
SILVERSTONE (sid) Der freudetrunkene Sieger Lewis Hamilton genoss die Zuneigung seiner Fans, derweil suchte ein ratloser Sebastian Vettel nach Gründen für das Desaster, das ihn um ein Haar die WM-Führung gekostet hätte. Während MercedesStar Hamilton zum vierten Mal in Folge den britischen Grand Prix in Silverstone gewann, fiel Vettel nach einem Reifenschaden am Ferrari in der vorletzten Runde von Platz drei auf sieben zurück und büßte 19 Zähler ein. Ein Punkt trennte die Titelfavoriten noch.
Angesichts seines schlechtesten Resultats in dieser Saison wirkte der oft so hitzige Vettel eher ernüchtert und frustriert. „Der Reifen hätte locker halten sollen, ich weiß nicht, warum er es nicht getan hat“, sagte er: „Mein Hals ist aber gar nicht so dick, man kann da ja nicht viel machen.“Im Nachhinein sei es einfach „zu sagen, man hätte dieses oder jenes anders machen müssen, aber dass der Reifen in die Luft fliegt, konnte man einfach nicht vorausahnen“.
Mit einer beeindruckenden Leistung und begünstigt durch das Pech des Rivalen Ferrari haben Hamilton und Mercedes für neue Spannung im Titelkampf gesorgt und den Druck auf Vettel enorm erhöht. Dass dessen Teamkollege Kimi Räikkönen trotz eines ähnlichen Reifenproblems noch den dritten Platz belegte, konnte die Scuderia nicht wirklich trösten. „Wir sind nicht glücklich, aber es ist besser als nichts“, sagte der Finne.
Derweil war Hamilton trunken vor Glück. Immer wieder suchte er den hautnahen Kontakt zu seinen Fans und warf sich wie ein Rockstar mit einem perfekten Stage Diver in die tosende Menge. „Ich habe mich immer gefragt, wie sich das wohl anfühlt“, berichtete er: „Jetzt habe ich es einfach mal gemacht, und es hat sich so gut angefühlt.“Einfach sei dieser souveräne Sieg nicht gewesen: „Es ist nie so einfach, wie es aussieht, aber es war ein perfektes Wochenende für uns.“Und Hamil- ton, der im Qualifying zum 67. Mal den ersten Startplatz eroberte und bald Rekordhalter Michael Schumacher (68) einholen wird, ist längst noch nicht satt. „Es gibt keinen Grund für mich, warum ich aufhören sollte“, sagte der dreimalige Champion. Ein vierter Triumph wäre kein Grund zum Rücktritt: „Ich liebe die Formel 1 und werde weiterfahren.“
Mit seinem fünften Sieg in Silverstone zog der 32-Jährige mit Jim Clark und Alain Prost gleich. Nie zuvor hat ein Fahrer viermal in Serie in Silverstone gewonnen. Platz sechs belegte Nico Hülkenberg (Emme- rich) im Renault, 17. und Letzter wurde Pascal Wehrlein (Worndorf) im Sauber.
In den Tagen vor dem Rennen hatte Hamilton viel Kritik einstecken müssen, da er als einziger der 20 Fahrer bei einem großen ShowEvent am Mittwoch in London gefehlt hatte. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff verteidigte seinen Superstar und betonte, dass man ihm auch weiter seine Freiräume geben werde: „So bringt er seine Leistung an den Rennwochenenden.“Hamilton war zu einem zweitägigen Kurzurlaub nach Mykonos gereist, um sich „optimal auf das Wochenende“vorzubereiten, wie er selbst sagte.
Es scheint die richtige Vorbereitung gewesen zu sein. Nach einer frühen Safety-Car-Phase spulte Hamilton an der Spitze sein Programm routiniert ab und ließ sich auf dem Hochgeschwindigkeitskurs nordwestlich von London durch nichts aus der Ruhe bringen. Lob gab es für Teamkollege Valtteri Bottas. Der Finne war nach einer Strafversetzung wegen eines unerlaubten Getriebewechsels nur als Neunter gestartet, hatte Vettel vor dessen Malheur schon überholt und schaffte mit Platz zwei das Maximum.