Der Elefant auf der Suche nach dem Groove
Ein Dokumentarfilm erinnert an den legendären Produzenten Conny Plank. Er war der Mann hinter Kraftwerk und den Eurythmics.
KÖLN Man kann den Einfluss dieses Kerls mit dem mächtigen Körper nicht überschätzen. Vielleicht ist es sogar so, dass wir es Conny Plank zu verdanken haben, wenn es in der Popmusik überhaupt eine deutsche Nationalkultur gibt. Musiker orientierten sich in den 1950er und 60er Jahren ja zumeist an amerikanischen und englischen Vorbildern; das reichte bis zur Imitation, wie man an den Rattles aus Hamburg sieht. Erst Ende der 60er Jahre entstand ein eigener Sound, und bei den wichtigsten Platten saß Conny Plank am Mischpult. Er produzierte Kraftwerk, Neu! und Harmonia, er half den Scorpions, DAF und Ideal. Und als er selbst ein Star war, enga- gierten ihn Ultravox, Devo und die Eurythmics. Nur als Bono bat, Plank möge das Album „The Joshua Tree“seiner Band U2 einrichten, schüttelte der den Kopf. Er hatte seine Prinzipien, und diesen Bono konnte er nicht ausstehen.
In den vergangenen Jahren erlebt die Arbeit Planks, der 1987 im Alter von 47 Jahren an Lungenkrebs gestorben ist, eine Renaissance. Erst jetzt begreift man, wie wichtig er war. Deshalb kommt die Dokumentation seines Sohnes Stephan Plank zur rechten Zeit ins Kino: „The Revolution Of Sound“erzählt die Geschichte der populären Musik in den 70er und 80er Jahren. Der Ort, an dem sie spielt, heißt Wolperath und liegt 35 Kilometer von Köln entfernt. Dort richtete Plank 1974 sein Studio in einem Bauernhof ein, das Mischpult stand im Schweinestall. Er hatte Starkstromingenieur gelernt, arbeitete als Sendetechniker, etwa beim WDR. In seiner Hamburger Zeit hatte er mit Otto Waalkes und Udo Lindenberg in der legendären WG „Villa Kunterbunt“gelebt.
Stephan Plank gibt dem Film einen erzählerischen Rahmen, der gut funktioniert. Er war 13, als sein Vater starb, und nun möchte er sich von Künstlern in L. A., London und Berlin erzählen lassen, wie Conny war. Es entsteht das Bild eines besessenen und zugleich uneitlen Arbeiters, der nie darauf aus war, Produktionen mit seiner eigenen Handschrift zu versehen. Er redete mit Künstlern, brachte sie zum Nachdenken über das, was sie taten. Er bot Familienanschluss, Ruhe und die neueste Technik. Und mit DAF, die nur Geld für drei Tage Studiomiete hatten, diskutierte er zwei Tage lang und nahm am letzten Tag das Album in einem Rutsch auf. „Er hat uns hochgeliftet“, sagt DAFSchlagzeuger Robert Görl, während er vor der heimischen Bücherwand steht, in der man einen Band über die Freimaurer entdecken kann.
Planks Liebe galt der Wiederholung, das Repetitive war für ihn das Entscheidende. Als die britische Band Freur, aus der später Underworld hervorging, ihren Hit „DootDoot“aufnahm, verließ Plank das Studio und kehrte bald mit einem Schlauch zurück. Er wirbelte ihn in der Luft herum, nahm das Geräusch auf, und das wiederkehrende Pfeifen im Refrain ist nun der Effekt, der dem Stück das gewisse Etwas verleiht. „Es gibt keine Regeln“, sagte Plank. Und: „Craziness is holy.“
Michael Rother sagt in dem Film, dass Plank etwas Eigenes habe schaffen wollen, den Sound Westdeutschlands. Er wollte den Status Quo in Frage stellen. Er wollte zukunftstaugliche Musik. Etwas von Relevanz und Dauer. Eine Identität. Deshalb schloss er die Verrückten in sein Herz und beteiligte sich an der Finanzierung mancher Aufnahmen chronisch klammer Künstler. „Conny hat uns entdeckt“, sagt Klaus Meine, und bestimmt weiß er, dass das von Plank produzierte erste Album der Scorpions bis heute ihr bestes ist. Planks Vorschlag, die Scorpions sollten sich lieber Stalingrad nennen und hinter Stacheldraht auftreten, lehnten sie jedoch ab. Die Idee wurde später von Rammstein dankbar aufgegriffen.
Künstler, die er nicht mochte, behandelte Plank schroff. Jean-Michael Jarre nannte er einen „Lügner am Synthesizer“. Und David Bowie schlug er die Tür vor der Nase zu, als der ihn bat, das Album „Heroes“zu
David Bowie schlug er die Tür vor der Nase zu. Und Bono konnte er nicht ausstehen