Laschet entdeckt Niederlande neu
Seine erste Auslandsreise führt den NRW-Ministerpräsidenten ins Nachbarland. Kooperationen bei der Verbrechensbekämpfung und der Schifffahrt sollen das zuletzt zu routinierte Verhältnis auffrischen.
DEN HAAG Von Grenzen mochte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) gar nicht erst reden. Er nannte sie lieber „Berührungsflächen“. Bei einem gemeinsamen Abendessen gestern Abend in Den Haag forderte er den niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte auf: „Lassen Sie uns neue Brücken aufbauen, die bestehenden ausbauen und erhalten.“
Es ist Laschets erste Auslandsreise als NRW-Ministerpräsident. Dass sie ihn in die Niederlande führt, will er als Statement verstanden wissen: Schon in seiner Regierungserklärung vor knapp zwei Wochen betonte er „den besonders hohen Stellenwert der Benelux-Staaten für die NRW-Koalition“. Umgekehrt machten auch die Niederländer deutlich, dass sie das Benelux-Bekenntnis des neuen NRW-Regierungschefs zu schätzen wissen. Noch vor dem Abendessen mit Rutte bekam Laschet eine Audienz beim niederländischen König Willem-Alexander und durfte sich ins Gästebuch des Königshauses eintragen. Über den Inhalt des knapp halbstündigen Gesprächs hielt Laschet sich bedeckt. Er sprach nur allgemein von einer „substanziellen Verbesserung unserer Zusammenarbeit“.
Im Umfeld von Laschet hieß es, die beiden hätten sich auch über die schwierigen Konsequenzen aus der Bundestagswahl vom vergangenen Sonntag und die möglicherweise langwierigen Verhandlungen von CDU, FDP und Grünen zur Vorbereitung einer Jamaika-Koalition unterhalten. Denn auch in den Nieder- landen arbeitet Rutte seit der Parlamentswahl im März immer noch am Aufbau eines neuen Regierungsbündnisses.
Das Verhältnis zwischen NRW und den Niederlanden ist vor allem wirtschaftlich derzeit auf einem Hochpunkt, doch das war nicht immer so. Erst Anfang der 90er Jahre unter Johannes Rau, später noch intensiver unter Wolfgang Clement, bemühte sich Düsseldorf um den systematischen Ausbau der Kontaktpflege. Laschets Vorgängerin Hannelore Kraft setzte in ihrer Zeit eher auf den pragmatischen Austausch. Kleinere Verwerfungen zwischen Düsseldorf und Den Haag gab es, als die niederländische Regierung 2014 ankündigte, an der Grenze zu Deutschland mithilfe der umstrittenen Fracking-Methode Schiefergas fördern zu wollen.
Laschet, der Krafts Verhältnis zu den Niederlanden als zu routiniert kritisiert hat, sprach gestern Abend in vertraulicher Runde mit Rutte über verschiedene Projekte. Konkret wollen die beiden eine Partnerschaft zwischen dem Duisburger Hafen und vor allem dem Seehafen in Rotterdam auf den Weg bringen, die der Partnerschaft zwischen Rotterdam und Hamburg ähneln soll. Die Politiker wünschen sich auch einen Technologietransfer der Häfen.
Außerdem verabredeten Laschet und Rutte eine intensivere Zusammenarbeit für die innere Sicherheit. Während die Niederlande sich eher eine grenzüberschreitende Kooperation von regionalen Bündnissen vorstellen, soll Laschet in dem Gespräch auf eine Kooperation auf nationaler Ebene gedrängt haben. In seinem Umfeld hieß es, der inzwi- schen hoch mobilen organisierten Kriminalität könne man nur so beikommen, weil hierfür auch gesetzgeberische Maßnahmen etwa beim internationalen Austausch von Daten notwendig seien. Weitere Themen waren die Entbürokratisierung der grenzüberschreitenden Berufstätigkeit, der Ausbau der wechselseitigen Anerkennung von Berufsabschlüssen und mögliche Wirtschaftskooperationen.
Theo Bovens, Gouverneur der Provinz Limburg und Koordinator für eine neue grenzüberschreitende Zusammenarbeit, hofft, dass mit Schwarz-Gelb kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland und den Niederlanden künftig besser zueinander finden können: „Die jeweiligen Unternehmen sollten nicht immer nur nach Berlin beziehungsweise Den Haag schauen, sondern vorrangig nach Düsseldorf einerseits und nach Maastricht, Arnheim oder Zwolle andererseits.“