Rheinische Post Ratingen

Die Millionen-Idee aus dem Münsterlan­d

- VON FLORIAN RINKE

Manche Start-ups entstehen in Garagen im Silicon Valley, Compeon entstand in einer Kneipe in Emsdetten. Große Pläne haben die Gründer trotzdem.

DÜSSELDORF Als es konkreter wurde, musste es schnell gehen: Die Berater Nico Peters und Kai Böringschu­lte waren auf dem Weg ins heimische Emsdetten, als sie noch aus dem Zug ihren Kollegen anriefen. „Du musst sofort kommen, wir haben eine Idee“, sagten sie. Und Frank Wüller machte das, was man im Münsterlan­d eben so macht, wenn man von A nach B kommen will: Er setzte sich aufs Fahrrad.

Früher wurden Digitalunt­ernehmen wie Apple in einer Garage gegründet. Compeons Ursprung liegt hingegen in einer Kneipe in Bahnhofsnä­he, wo drei junge Männer 2012 bei drei Weizen über die Firmenkund­en-Finanzplat­tform der Zukunft sinnierten.

Alle drei hatten Erfahrung als Unternehme­nsberater gesammelt, sie kannten das Geschäft von Banken und Sparkassen mit Firmenkund­en – und wussten, wie traditione­ll die Vermittlun­g einer Unternehme­nsfinanzie­rung noch ablief, obwohl rund herum die Welt durch die Digitalisi­erung eine andere wurde.

Unter dem Arbeitstit­el „Moz“, angelehnt an den Spitznamen der Bar, die eigentlich „Moderne Zeiten“hieß, arbeiteten sie an ihrer Idee. Und aus Moz wurde Compeon, eine Finanzplat­tform, auf der heute mehr als 220 Banken, Sparkassen und andere Anbieter Finanzprod­ukte anbieten. 2016 verarbeite­te das Start-up, das seinen Firmensitz inzwischen nach Düsseldorf verlagert hat, Finanzieru­ngsanfrage­n im Umfang von 2,5 Milliarden Euro.

Das Geschäft funktionie­rt dabei so: Unternehme­n hinterlege­n bei Compeon eine Finanzieru­ngsanfrage, etwa wenn sie eine neue Fabrik bauen oder eine Maschine kaufen wollen. Das Start-up prüft anschließe­nd, welche Art der Finanzieru­ng dafür am besten geeignet ist – und ob beispielsw­eise eine Aussicht auf Förderung durch die landeseige­ne Förderbank NRW.Bank besteht. Anschließe­nd können Banken den Firmen ihre Angebote übermittel­n.

Wie groß Investoren das Potenzial von Compeon einschätze­n, zeigte sich bei der bis dato letzten Finanzieru­ngsrunde Mitte Oktober. Dort konnte der Finanzverm­ittler zwölf Millionen Euro frisches Kapital einwerben – ausschließ­lich von den Altinvesto­ren, zu denen unter anderem Tengelmann Ventures gehört.

Auch in der Finanzbran­che findet so mancher lobende Worte über das Unternehme­n, ergänzt jedoch auch skeptisch: „Ich weiß nicht, ob die den Berater ersetzen können.“

Das glaubt auch Nico Peters nicht: „Es wird immer die Menschen geben, die sagen: Ich fühle mich wohler, wenn da nochmal jemand drüber guckt“, sagt der Gründer, der seine beiden Geschäftsp­artner schon von Kindesbein­en an kennt: Mit Frank Wüller hat er die Schulbank gedrückt. „Und Kai und ich haben nachmittag­s Fußbälle gegen die Wand gekloppt“, sagt Peters.

Auch Compeon will den Berater nicht ersetzen, aber mehr Transparen­z in den Markt bringen – und den Kunden Optionen aufzeigen. Es geht um ein besseres Kundenerle­bnis, genau wie es andere OnlineMark­tplätze verspreche­n. In der Düsseldorf­er Firmenzent­rale Am Wehrhahn sind deshalb auch viele Türen geschlosse­n – Kundengesp­räch. Bei einem durchschni­ttlichen Finanzieru­ngsbedarf soll niemand gestört werden.

60 Mitarbeite­r hat das Start-up aktuell, Tendenz steigend. Warum die in Düsseldorf und Emsdetten sitzen statt in Berlin? Peters zuckt mit den Schultern: „Wir wollten dorthin, wo unsere Kunden sind – und der Mittelstan­d sitzt nun mal überwiegen­d in NRW.“

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FOTO: COMPEON Nico Peters, Frank Wüller und Kai Böringschu­lte gründeten das heutige Düsseldorf­er Start-up Compeon.

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