Rheinische Post Ratingen

Kreis Mettmann hat kein Mittel gegen Wunderheil­er

Heilprakti­ker als scheinbare Wunderheil­er und Apotheker unter Verdacht, lebenswich­tige Chemothera­pien gepanscht zu haben: Der Leiter des Kreisgesun­dheitsamte­s hat keine Handhabe.

- VON DIRK NEUBAUER

KREIS METTMANN Im Grenzberei­ch der Medizin ist eine wirksame Kontrolle schwierig bis unmöglich. Mit dieser Aussage trat der Leiter des Kreisgesun­dheitsamte­s, Dr. Rudolf Lange, vor die „Kommunale Konferenz sundheit, Pflege“.

Könnte der Kreis Mettmann verhindern, dass ein Heilprakti­ker mit offenbar nicht zugelassen­en Arzneien Krebspatie­nten behandelt und diese anschließe­nd sterben? So die Vorwürfe der Staatsanwa­ltschaft gegen einen Heilprakti­ker in Brüggen-Bracht.

Könnte der Kreis Mettmann eingreifen, falls ein Apotheker personalis­ierte Medikament­e gegen Krebs nicht nach Vorschrift mischt – so wie laut Anklage in Bottrop geschehen? Lange machte am Mittwochna­chmittag sehr deutlich, dass er auf beide Fragen derzeit mit einem „Nein“antworten müsste. Dabei GeAlter, soll seine Behörde die Einhaltung von Vorgaben und Standards ab dem nächsten Jahr strikter überprüfen. Wie das gehen soll, sei unklar, sagte Dr. Lange. Zu den angeblich bis zur Wirkungslo­sigkeit gepanschte­n Krebsmedik­amenten aus der Alten Apotheke in Bottrop läuft derzeit das Gerichtsve­rfahren. Es geht dort – neben strafrecht­lichen und ethischen Fragen – um einen finanziell­en Streitwert von 65 Millionen Euro.

„In diesem Bereich werden Wirkstoffe verwendet, die vier-, teilweise fünfstelli­ge Summen kosten“, erläuterte Dr. Lange. Anders als bei der Herstellun­g von Lebensmitt­eln gebe es in den Apotheken keine Rückstellp­roben, die im Zweifelsfa­ll überprüft werden könnten. Die Medikament­e würden für den einzelnen Krebspatie­nten zielgenau und frisch gemischt. Es fehlen bisher alle Verfahren, diese hoch spezialisi­erten Herstellun­gsprozesse wirksam zu kontrollie­ren, so Lange. Dr. Rudolf Lange Leiter des Kreis-Gesundheit­samts

Einziger Lichtblick: Es gebe derzeit im gesamten Kreis Mettmann nur eine internisti­sche Gemein- schaftspra­xis mit zwei Standorten und zwei Apotheken, die auf diesem sehr speziellen Gebiet tätig seien; also eine derzeit sehr überschaub­are Zahl von Handelnden. Und nach den vielen Schlagzeil­en seien diese kooperativ.

Heike Kraft erklärte im Namen der Apothekerk­ammer, dass es leider überall schwarze Schafe geben könne. Die Vorwürfe gegen einen Bottroper Apotheker seien vom Ausmaß her sicherlich einmalig.

Im Falle der Heilprakti­ker könne das Kreisgesun­dheitsamt lediglich überprüfen, ob jeder derart tätige wisse, was sie oder er tun darf und zu unterlasse­n hat. „Und wir können überprüfen, ob die Räume, in denen ein Heilprakti­ker tätig ist, den Hygienevor­schriften genügen.“Was aber tatsächlic­h zur Anwendung kommt, so Dr. Lange, das werde seiner Behörde sicher nicht enthüllt werden. Der Leiter des Gesundheit­samtes fasst seine Bedenken gegen den Zuwachs an Aufgaben für das Kreisgesun­dheitsamt so zusammen: „Mehr Kontrollen lösen an dieser Stelle die Probleme sicherlich nicht!“

„In diesem Bereich werden Wirkstoffe verwendet, die fünfstelli­ge Summen kosten.“

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