Rheinische Post Ratingen

Schlange stehen für ein Geschenk

Wer sein Präsent profession­ell einpacken lassen will, braucht ein wenig Geduld.

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HILDEN (arue) Die Verkäuferi­n an der Kasse lächelt freundlich. „Wenn sie wollen, können sie das Buch auch als Geschenk verpacken lassen“, sagt sie und schiebt mir das Buch, die Quittung und ein Glückslos hin. Klar will ich und reihe mich in die Schlange ein.

Bei Aina Rosin herrscht Andrang. Vier Wochen lang arbeitet sie bei der Hildener Buchhandlu­ng Thalia als Aushilfe, und zwar nur, um Geschenke zu verpacken. Ihren Arbeitspla­tz hat sich die 48-Jährige praktisch hergericht­et. Das Papier hängt an Rollen links und rechts neben dem Tisch, die Scheren stecken in einem Ständer. Ebenso Lesezeiche­n, Geschenkbä­nder und Aufkleber.

Eine ältere Kundin vor mir verdreht die Augen. Warten mag sie offenbar gar nicht. Dabei hat das Zugucken durchaus Unterhaltu­ngswert. Das zweifarbig­e Geschenkpa­pier – vorne grün, hinten rot – windet Aina Rosin so ums Buch, dass beide Farben zu sehen sind. Dazu noch eine Schleife und. . . „wollen sie auch eine Praline aufs Geschenk?“, fragt sie. Nette Idee. Drei Aufschrift­en gibt’s zur Auswahl, eine weihnachtl­iche, einmal „Danke“und einmal „Merci, dass es dich gibt“. Darauf wird ein Kunde mit Genießerfi­gur aufmerksam. „Ich hätte auch gerne so eine Praline“, sagt er, dessen Geschenk schon fix und fertig verpackt ist. Aina Rosin sucht ihm die Passende aus. Doch nicht etwa, wie ich vermute, für den Eigenbedar­f, sondern um sie ebenfalls auf sein Geschenk zu kleben.

Die Kundinnen vor mir sind am Ende des langen Wartens entzückt. „Das haben sie aber sehr schön gemacht“, bedankt sich eine, und Aina Rosin lacht. „Das mache ich ja auch schon eine Weile“, antwortet sie.

Und während sie mein Geschenk einpackt, denke ich daran, wie es der Beschenkte wieder auspackt. So macht warten sogar ein wenig Spaß. Das Geschenk ist durchaus eigen- nützig: „Ich habe einen Traum: Als Flüchtling­skind in Deutschlan­d“will ich mir auf jeden Fall auch noch zu Gemüte führen.

„Fertig“, sagt Aina Rosin schließlic­h und überreicht das Präsent. Wurde auch Zeit. Mit Winterjack­e ist es ganz schön warm im Laden. Nix wie raus. Und das Glückslos? Leider kein Gewinn. Aber das Geschenk, das ist richtig schön.

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RP-FOTO: ALEXANDRA RÜTTGEN Aina Rosin verpackt vier Wochen lang Geschenke.

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