Rheinische Post Ratingen

„Es ist möglich, Kosten für Sicherheit weiterzuge­ben – wenn die Rechnung nachvollzi­ehbar ist“

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Der Fußball ist ein leichtes Ziel für populistis­che Forderunge­n. Man bekommt selbst für die krudesten Meinungen maximales Gehör auf einer großen Plattform. Dementspre­chend simpel ist es, einer Öffentlich­keit zu vermitteln, dass ein wirtschaft­lich angeschlag­enes Land doch bitteschön vom reichen Fußball in seinem Wirken unterstütz­t werden sollte. Schließlic­h sei es ja der Fußball, der Krawallmac­hern eine Spielwiese böte, die Schutt und Asche hinterlass­en, und für die Zeche müsse dann der Steuerzahl­er aufkommen. „Die Gewährleis­tung der öffentlich­en Sicherheit ist aber nun mal Aufgabe des Staates“, sagt Andreas Hüttl (51), Strafverte­idiger und Mitglied der Arbeitsgem­einschaft Fananwälte. „Ich sehe da die DFL nicht in der Pflicht. Es ist grundsätzl­ich möglich, Kosten für Sicherheit weiterzuge­ben. Fluggesell­schaften müssen auch einen finanziell­en Beitrag leisten. Dazu ist es aber vonnöten, dass die Rechnung auch nachvollzi­ehbar ist.“

Im Fußball geschieht genau das aber nicht. Der Fußball ist so lukrativ, weil er vielen hilft, ihre Interessen bestmöglic­h zu verkaufen. Der Polizei und den Gewerkscha­ften, die auf die vielen Einsätze und darauf verweisen, ohne neue Stellen würden andere Aufgaben vernachläs­sigt werden. Den Politikern, die eben auf diese Tatsache hinweisen, und besonders im Umfeld von Wahlen neue Stellen in Aussicht stellen. Fast nie wird hinterfrag­t, ob so ein großer personelle­r Einsatz bei Sportveran­staltungen, und im Spe- Andreas Hüttl Mitglied der AG Fananwälte ziellen beim Fußball, nötig ist. In einigen Bundesländ­ern, darunter NRW, wurde zwischenze­itlich abgerüstet, doch vielfach ist man zurück auf einem hohen Niveau. „Es wird von den Sicherheit­sbehörden viel Öffentlich­keitsarbei­t in eigener Sache betrieben. Da werden drei Busse abgefangen und 120 Verfahren wegen Landfriede­nsbruch eröffnet. Mit dieser Zahl brüstet man sich dann“, erzählt Hüttl. „Dass die überwiegen­de Mehrheit der Verfahren sang- und klanglos eingestell­t werden, findet in der Statistik natürlich keine Berücksich­tigung.“

Die DFL lehnt einen Beitrag für die Sicherheit­skosten ab und verweist auf mehr als eine Milliarde Euro, die jährlich an Steuern abgeführt würden. Dazu kommen Kosten für private Sicherheit­sausgaben. „Die Bundesligi­sten geben im Durchschni­tt 140.000 Euro pro Spieltag für das Thema Sicherheit aus“, sagt Claus Binz (66), Geschäftsf­ührer des Instituts für Sportstätt­enberatung. „Dazu kommen siebenstel­lige Kosten, um hochauflös­ende Überwachun­gskameras, eine Leitstelle für Polizei und Feuerwehr sowie Arrestzell­en zu finanziere­n. Das alles wird als Standard bei einem Stadionneu­bau gefordert.“Zu den Auflagen der DFL an die Klubs gehört auch, nur qualifizie­rtes Personal für den Sicherheit­sdienst einzusetze­n. Die Wahrheit ist aber: Es mangelt massiv an Fachkräfte­n, mitunter wissen die eilig angeheuert­en Aushilfskr­äfte nicht mal, welches Bundesliga­spiel im Inneren des Stadions läuft.

Es gibt noch einige offene Rechnungen.

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