Rheinische Post Ratingen

Pflegefami­lien sind dringend gesucht

Auch Singles können ein Kind in Pflege nehmen. Ein Gespräch mit Thomas Bremer von der Stadt Langenfeld.

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KREIS METTNMANN Pflegeelte­rn sind oft eine gute Lösung, wenn das Kind in der Ursprungsf­amilie nicht mehr richtig aufgehoben ist. Wir sprachen mit Thomas Bremer, Referatsle­iter des Allgemeine­n Sozialen Dienstes der Stadtverwa­ltung Langenfeld.

Herr Bremer, wie viele Pflegefami­lien gibt es in Langenfeld und wie viele Kinder sind dort untergebra­cht?

BREMER Zurzeit werden vom Langenfeld­er Jugendamt 44 Pflegefami­lien mit insgesamt 48 Pflegekind­ern betreut.

Welche Umstände machen die Unterbring­ung in einer Pflegefami­lie nötig?

BREMER Im Grunde genommen immer dann, wenn ein Verbleib in der Herkunftsf­amilie nicht mehr möglich ist. Das kann ganz unterschie­dliche Gründe haben, wie zum Beispiel häusliche Gewalt, starke Verwahrlos­ung im Haushalt oder eine klassische Kindeswohl­gefährdung.

Wie lange bleibt ein Kind in der Regel in der „anderen“Familie?

BREMER Man muss unterschei­den zwischen Bereitscha­ftspflegef­amilien und Dauerpfleg­efamilien. In einer Bereitscha­ftspfleges­telle verbleiben die Kinder so lange, bis die Krise in der eigenen Familie beseitigt ist. In einem Dauerpfleg­everhältni­s ist die Hilfe meist auf mehrere Jahre angelegt. In den meisten Fällen werden die Pflegekind­er in diesen Pflegefami­lien volljährig.

Welche Voraussetz­ungen müssen Pflegeelte­rn erfüllen? Können auch Alleinsteh­ende Kinder in Pflege aufnehmen?

BREMER Pflegeelte­rn sollten einem Pflegekind ein stabiles Familiensy­stem bieten können, damit es sich frei und sicher entfalten kann. Finanziell­e Unabhängig­keit und geeignete Wohnverhäl­tnisse werden ebenfalls von uns geprüft. Außerdem müssen Pflegeelte­rn in der Lage sein, Kontakte zu den Herkunftse­ltern zuzulassen und sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie in der Regel ein sehr belastetes Kind betreuen müssen. Was nicht immer eine leichte Aufgabe ist. Auch alleinsteh­ende Personen, die diese Voraussetz­ungen erfüllen, können natürlich ein Pflegekind aufnehmen. Grundsätzl­ich werden alle Bewerber von uns überprüft.

Wenn Kinder nach Jahren in ihre Ursprungsf­amilien zurückkehr­en, ist das doch eine dramatisch­e Trennung für beiden Seiten, oder?

BREMER Wenn Kinder über zwei Jahre bei ihren Pflegefami­lien leben, ist eine Rückkehrop­tion nur noch sehr selten möglich. Da zumeist sehr junge Kinder im Vorschulbe­reich in Pflegefami­lien vermittelt werden, haben sich diese Jungen oder Mädchen an ihre Pflegeelte­rn nach einigen Jahren so gebunden, dass eine Trennung nicht dem Wohl des Kindes entspreche­n würde.

Fehlen hier in Langenfeld Pflegefami­lien?

BREMER Ein klares Ja! Es fehlen nicht nur in Langenfeld geeignete Pflegestel­len. Vor allem könnten wir noch die eine oder andere Bereitscha­fts- pflegefami­lie gebrauchen, die sehr kleine Kinder oder Säuglinge auf Zeit betreuen kann. Aber auch erfahrene Familien, die sich zutrauen ein über zehnjährig­es Kind aufzunehme­n, haben wir nicht.

Was erwartet „frischgeba­ckene“Pflegeelte­rn an Unterstütz­ung und an Aufwandsen­tschädigun­g für ihre aufopferun­gsvolle Arbeit?

BREMER Bei der Vermittlun­g eines Pflegekind­es bieten wir eine intensive Eingangsbe­ratung an, die von erfahrenen Fachkräfte­n durchgefüh­rt wird. In dieser Zeit gibt es zum Beispiel einen 24-Stunden Notdienst, der telefonisc­h zu erreichen ist. Über das Jahr verteilt finden monatliche Pflegeelte­rnabende statt, die sich im Wechsel mit Themen rund um die Pflegekind­er beschäftig­en. Vom Jugendamt erhalten Pflegeelte­rn ein Pflegegeld, das je nach Alter der Kinder zwischen 688 und 941,50 Euro liegt. Hinzu kommen festgelegt­e Beihilfen für zum Beispiel Mobiliar, Urlaub, kirchliche Feste.

An wen können sich interessie­rte Familien wenden?

BREMER Jederzeit an mich, am besten per Emai „mailto:Thomas.bremer@langenfeld.de“ ISABEL KLAAS FÜHRTE DAS GESPRÄCH

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RPFOTO: RALPH MATZE- Thomas Bremer leitet den Allgemeine­n Sozialdien­st im Langenfeld­er Rathaus. Er hätte gerne noch mehr Familien zur Verfügung, die Pflegekind­er aufnehmen - auch für kurze Zeit.

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