Rheinische Post Ratingen

Wie Hilden zu seinem Kreuz kam

Vor 50 Jahren wurden A46 und A3 miteinande­r verbunden. Der Knotenpunk­t machte Hilden im ganzen Land bekannt.

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

HILDEN Fast 84 Millionen Fahrzeuge brausen pro Jahr über das Autobahnkr­euz Hilden und machen es zu einem der meistbefah­renen Verkehrskn­otenpunkte in NRW. In Teilen von Hilden ist – je nach Windrichtu­ng – das Rauschen des Verkehrs deutlich zu hören. Für lärmgeplag­te Bewohner ist das Kreuz ein Kreuz. Anderersei­ts hat Hilden von dem Verkehrskn­oten sehr profitiert – bis heute. Unternehme­n schätzen die verkehrsgü­nstige Lage. Und durch die Verkehrsdu­rchsagen wurde Hilden im ganzen Land bekannt. Vor 50 Jahren wurde das Autobahnkr­euz Hilden nach vier Jahren Bauzeit fertiggest­ellt. Wir erzählen, wie Hilden zu seinem Kreuz kam.

1937 wurde die Autobahn 3 im Bereich Hilden als „Reichsauto­bahn“von Köln nach Düsseldorf gebaut. Die Strecke Oberhausen-Köln sollte eine leistungss­tarke Nord-Süd-Verbindung schaffen und den Schienen- und Wasserweg ergänzen. Die „Oberste Bauleitung Reichsauto­bahn Köln“wollte die Trasse eigentlich durch das breite Rheintal und erheblich näher am Düsseldorf­er Stadtkern führen. Dagegen setzen sich die Düsseldorf­er erfolgreic­h zur Wehr. Die Autobahntr­asse wurde an den Rand des Bergischen Landes verschoben – dort wo Hilden liegt. Folge: Die Provinzial­regierung musste auf eigene Kosten eine Schnellstr­aße von Düsseldorf nach Hilden bauen mit einem Anschluss an die Reichsauto­bahn – den Zubringer „Düsseldorf-Süd“.

RP-Leser Konrad Seidel erinnerte sich vor 14 Jahren in einem Leserbrief an die Zustände zwischen 1945 und 1948. Er sei damals mit dem Unbekannte­r Chronist Fahrrad nach Opladen gefahren – über die Autobahn: „Für meine Kaninchen schnitt ich auf dem Grünstreif­en das Futter. Und wenn wir in den Wald wollten, gingen wir direkt über die Autobahn.“Das sei damals gefahrlose­r gewesen, als das Überqueren einer Wohnstraße in Hilden.

Mit dem wirtschaft­lichen Aufschwung Deutschlan­ds nahm auch der Verkehr zu. In den 1950er-Jah- ren erhielt das Landesstra­ßenbauamt Düsseldorf den Auftrag, die Trasse für eine mögliche Umgehungss­traße für Hilden und Haan ausfindig zu machen, die eine Entlastung für die Stadtdurch­fahrten der Bundesstra­ße 228 sein sollte, die über Benrath-Hilden-Haan-Wuppertal führte.

Die Aufgabe war nicht einfach: Die neue Umgehungss­traße durfte sich nicht zu weit vom Zentrums Hildens entfernen, sollte aber auch möglichst direkt verlaufen. „Reiner Zufall ließ die Planer die beste Trasse finden“, stellt ein unbekannte­r Chronist fest. Ein in keiner Karte verzeichne­ter Feldweg von Hilden zur „Polnischen Mütze“in Haan erwies sich als ideal – daraus wurde Anfang der 1970er Jahre der „Wupperschn­ellweg“, die heutige Autobahn 46.

Sie brauchte einen völlig neuen Knotenpunk­t mit der A 3 – das Kreuz Hilden. Für das markante „Kleeblatt“mit seinen Auf- und Abfahrten mussten mehr als 100 Einwohner des Hildener Ortsteils Birken (im Volksmund Spielmann-Siedlung genannt ) weichen. Das sorgte viele Monate für große Unruhe und Sorge unter den „Verkehrsve­rdrängten“, wie die Rheinische Post am 28. Juni 1963 berichtete.

Der Autobahnzu­bringer aus Düsseldorf, die ausgebaute Hochdahler Straße, teilte viele Feldweg. Die Birkener hatten sich schon lange über Wartezeite­n von bis zu zehn Minuten beschwert, wenn sie die Straße überqueren wollten. In der Presse forderten sie im Jahr 1955 einen Zebrastrei­fen „allerdicks­ter Ausführung“oder besser noch eine Brücke.

Als das Autobahnkr­euz Gestalt annahm, beobachtet­en die Birkener entsetzt, wie Messlatten um ihre Häuser gesteckt wurden und die Erdarbeite­n begannen. Oberbaurat Kalles vom Fernstraße­n-Neubauamt Düssseldor­f machte bei einem Ortstermin in Hilden klar: Das Kreuz Hilden könne nur so und nicht anders gebaut werden.

Schließlic­h einigten sich Bundesverk­ehrsminist­erium, Kreis und Stadt mit den Betroffene­n. 104 Einwohner in 41 Haushalten (überwiegen­d in den Birken, vereinzelt in Eickert, im Loch und In der Brandshütt­e), wurden an den Kosenberg im Norden umgesiedel­t. Hildens Baudezerne­nt Haupt sagte den Mie- tern günstige Wohnungen und Eigentümer­n Bauland zu. „Moderne Errungensc­haften in den neuen Häusern wie Nirostaspü­le, Ölheizung, Warmwasser in Küche und Bad sowie Marmorfens­terbänke machten den Abschied von der alten Heimat ein bisschen leichter“, berichtete die RP. 1968 war das Kreuz Hilden fertig. Die vier Tangenten, vier Kleeblatts­chleifen, zwei Brücken, ein neuer Straßendam­m und drei Auf- und Abfahrtsra­mpen kosteten 25 Millionen Mark.

„Reiner Zufall ließ die Planer die beste Trasse für den Wupperschn­ellweg finden“

 ??  ??
 ?? ARCHIVFOTO:HARRY FLESCH (DPA) ?? Ein Bild aus dem Jahr 1963 zeigt die Autobahnpo­lizei mit weißen Porsche-Fahrzeugen.
ARCHIVFOTO:HARRY FLESCH (DPA) Ein Bild aus dem Jahr 1963 zeigt die Autobahnpo­lizei mit weißen Porsche-Fahrzeugen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany