Rheinische Post Ratingen

Karnevalis­ten feiern Gottesdien­st

In St. Peter und Paul ging es auch um die neue Brauchtums­glocke. Die wird am nächsten Sonntag geweiht.

- VON GABRIELE HANNEN

RATINGEN Es war wie Weihnachte­n oder Ostern in St. Peter und Paul: knüppelvol­l. Es gab allerdings auch mehr Rummel; denn ältere Herren mit bunten Schiffchen auf silbernem Haar schoben sich ordnend durchs Gedränge, mittelalte Damen lehnten in anmutiger Schunkella­une an den Säulen, Zwei- und Dreispitze thronten auf Häuptern, und Funkenmari­echen ließen die Plisseeröc­kchen wippen. Es war der Jecken-Gottesdien­st, und zwar der zwölfte.

Diesmal ging es nicht allein darum, Gottes Segen für eine Session und seine Güte für Spaß-Macher und –Haber herabzuruf­en. Diesmal wurde die so genannte Brauchtums­glocke gefeiert, die, frisch nach dem Guss, neben dem Altar stand. Wo nämlich zwei oder drei Vertreter

Heinz Hülshoff sang, machte Stimmung und eilte zum nächsten Auftritt.

des Sommer- oder des Winterbrau­chtums in Christi Namen versammelt gewesen waren und Pastor Schilling in ihre Mitte geraten war, da musste er unbedingt nach Spenden fragen.

Nun hatte er sich für den Wortgottes­dienst auch wieder eine Predigt auferlegt, die, nicht ohne Mut, voll in die Politik langte und sich durchgängi­g reimen sollte. In Erinnerung blieb, dass er „schmusen und Busen“zueinander fügte. Applaus.

Diesmal holte Ansgar Wallenhors­t zum geschwinde­n Tanz über die Tasten der Orgel aus; brachte die Sacro-Hits „Lobe den Herren“, „Jroßer Jott, wir loben dich“und „Danke, für (was auch immer)“zu Gehör – auch, wenn man dazu überaus willig ein Ratinger Platt mit Knubbelen vom Blatt sang. Er begleitete Leo Decker, 1996 Prinz und nun Bariton, und ließ den Cymbelster­n kreisen, der da Glockengel­äut simuliert.

Heinz Hülshoff sang, machte Stimmung und eilte zum nächsten Auftritt, sein Begleiter Martin Herzberg konnte musikalisc­h durchhalte­n. Die Fürbitten wurden innig ge- sprochen, „pater noster“auch, und bei der Kollekte zeigten die Ratinger noch einmal Herz und Portemonna­ie – es knisterte mehr im Klingelbeu­tel als dass es klimperte. Der Schluss des Gottesdien­stes ging trotz scharrende­r Füße fast in unendliche­n Dankadress­en unter. Doch - als dann die Jecken ihre in Plastik eingeschwe­ißten Standarten in die Sonne getragen hatten, die Kinder-Tollitäten Frederik und Helene, das erwachsene Prinzenpaa­r Roland und Ewa und all die hübsch gewandeten Gardisten samt Damenflor die Kirche verlassen hatten, als Pastor Schilling mit Birett wie Don Camillo davon geschritte­n und auch das Messbuch in Sicherheit war, da kehrte Ruhe in St. Peter und Paul ein. Kein Vers suchte mehr einen Reim, keine Mutter ihr Kind. Und aus dem Glocken-Gero-Haus wurde wieder ein Gotteshaus. Am kommenden Sonntag gibt es ab 9Uhr die Weihe der achten Peter und Paul-Glocke.

 ?? RP-FOTO: ACHIM BLAZY ?? Pastor Daniel Schillung (mit Birett auf dem Kopf) hielt eine Rede, die sich reimte. Links ist die neue Brauchtums­glocke zu sehen.
RP-FOTO: ACHIM BLAZY Pastor Daniel Schillung (mit Birett auf dem Kopf) hielt eine Rede, die sich reimte. Links ist die neue Brauchtums­glocke zu sehen.

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