Die neue Kerber
Deutschlands beste Tennisspielerin ist wieder da – trotz einer knappen Halbfinal-Niederlage bei den Australian Open.
DÜSSELDORF/MELBOURNE Angelique Kerber war schon mal im TennisHimmel. Das ist ziemlich genau zwei Jahre her. Damals gewann sie als erste deutsche Spielerin nach Steffi Graf ein Grand-Slam-Turnier, die Australian Open in Melbourne. Es war eine geradezu historische Tat, 17 Jahre nach dem Sieg der unerreichten Graf in Paris.
Angelique Kerber hat aber auch einen tiefen Absturz erlebt, nicht unbedingt bis in die Tennis-Hölle. Aber es muss sich zumindest beinahe so angefühlt haben, als sie im Lauf des vergangenen Jahres von der Nummer eins der Weltrangliste auf Platz 21 durchgereicht wurde. Ihr Spiel verkrampfte, die Lockerheit, die große Sieger brauchen, war dahin. Mit der Niederlagen-Serie wuchs eine sportliche Form der Verzweiflung.
Nun ist Angelique Kerber doch wieder in der Nähe des Tennis-Himmels angekommen. Nicht eben erwartungsgemäß nach einem Jahr voller Rückschläge und unbeantworteter Fragen nach den tieferen Gründen dafür. Sie startete mit Siegen in Serie ins Jahr, und sie ist gestern nach einem ganz großen Kampfspiel im Halbfinale der Australian Open an der rumänischen Weltranglisten-Ersten Simona Halep gescheitert. „Ich fühle nicht, dass ich das Match verloren haben, sie hat es am Ende gewonnen“, sagte Kerber nach dem dritten entscheidenden Satz (3:6, 6:4, 7:9), der das Publikum in Melbourne mehrmals von den teuren Sitzen riss. Am Ende, sagten Experten, war es wie Schwergewichtsboxen in der zwölften Runde. Die beiden Konkurrentinnen holten in der australischen Abendhitze auch die letzten Reser- ven aus sich heraus. Es war ein großartiges Spiel. Und für Kerber trotz der Niederlage eine vorübergehende Krönung eines erstaunlichen Comebacks.
Es begann im zurückliegenden Herbst. Angelique Kerber suchte nach einem Weg aus der Krise. „Verlorene Spiele und Fehler auf dem Platz hatten mir schlaflose Nächte bereitet“, schrieb sie in einem Beitrag für die „Zeit“. Das ist typisch für sie. Ihr Hang zur Selbstkritik hat lange Zeit zu einer Wellenbewegung ih- rer Karriere geführt. Kurz vor dem 30. Geburtstag schien der Weg ins tiefe Wellental vorgezeichnet.
Beim Forschen nach den Ursachen fielen ihr zwei wesentliche Gründe ein. „Es war viel auf mich eingestürzt, mir fehlte die Zeit, das alles zu verarbeiten“, ist der eine. „Meine Träume, die mich bis dahin angetrieben hatten, waren erfüllt“, der andere. Ihren Schluss zog sie im Beitrag für das Wochenmagazin: „Die wichtigste Lektion war, den eigenen Wert nicht über sportliche Erfolge zu definieren und die Weltrangliste nicht zum Maßstab aller Dinge werden zu lassen. Mein aktueller Traum ist es, mich 2018 zurückzukämpfen und alles aus mir herauszuholen, was ich kann.“
Das ist ihr schon in diesem ersten Monat gelungen. Und daran hat ihr neuer Trainer natürlich seinen Anteil. Der Belgier Wim Fissette löste im November Torben Beltz ab, der Kerber seit Jugendtagen begleitet hatte. Diese Trennung fiel ihr nicht leicht, ebenso wenig wie der Ent-