Rheinische Post Ratingen

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- VON TOBIAS JOCHHEIM

DÜSSELDORF Am Anfang war der Standard-Stein, vier Noppen lang und zwei Noppen breit – und am Ende steht er auch. Jeder Besucher des jüngst eröffneten „Lego House“im dänischen Billund, der Heimat des Bausteinsy­stems, bekommt zum Abschied sechs der klassische­n, knallroten Steine geschenkt. Vor den eigenen Augen werden die Elemente von einer Spritzguss­maschine ausgespuck­t, mit individuel­lem Aufbau-Vorschlag.

Streng genommen braucht keiner mehr als sechs dieser Steine. Denn es gibt mehr als 100 Millionen Varianten, sechs klassische Legosteine so aufeinande­r zu stecken, dass ein turmartige­s Gebilde entsteht.

Selbstbaue­n verschafft Selbstvert­rauen, regt die Fantasie an und das räumliche Denken

Insgesamt lassen sie sich sogar in 915.103.765 Kombinatio­nen miteinande­r verbinden. Alle auszuprobi­eren würde fast 300 Jahre dauern.

In meinem Kinderzimm­er sind wie in so vielen in aller Welt trotzdem Tausende, wenn nicht Zehntausen­de Legosteine in allen Farben und Formen zusammenge­kommen. Denn obwohl mein Großvater Tischler war, bestand pädagogisc­h wertvolles Spielzeug für meine Eltern nicht zwangsläuf­ig aus Holz, sondern im Zweifel auch aus Acrylnitri­l-Butadien-Styrol-Copolymeri­sat, kurz: ABS. Auf diesen Kunststoff war in den Fünfzigerj­ahren Billunds Dorfschrei­ner Ole Kirk Kristianse­n umgeschwen­kt, nachdem über die Jahre drei Brände seine Werkstatt wiederholt in Schutt und Asche gelegt hatten. Nach langen Experiment­en war es sein Sohn Godtfred, der den uns bekannten Legostein morgen vor 60 Jahren in Kopenhagen unter der Nummer 92683 zum Patent anmeldete – mit Röhren auf der Unterseite, die zwischen die Noppen auf den Oberseiten anderer Steine passen, auf zwei Tausendste­l Millimeter genau.

Gepresst wurden sie zunächst in Schwarz und Weiß, Blau und Rot und nur in den simpelsten Formen: als Ziegelstei­ne, Fenster, Türen, Dachschräg­en. Der endgültige Durchbruch gelang Lego zehn Jahre später mit der Erfindung der „Minifigure­n“: Kleine Männchen mit bewegliche­n Armen und Beinen, aus-

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FOTO: FERL, JUNGHEIM, SCHNETTLER

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